Es wäre einfacher, wenn Werner Grafmüller ein Querulant wäre. Einer, der einem nach fünf Minuten auf den Senkel geht – laut, aufgeregt, geifernd. Das Urteil wäre schnell gefällt: Soll er sich doch nicht so anstellen, soll er doch verkaufen. Doch Werner Grafmüller ist ein freundlicher Herr mit buschigen, weißen Augenbrauen und einer vom Alter etwas heiseren Stimme. Da fällt das mit dem Vorverurteilen nicht mehr so leicht.
Die Stadt Lahr will den Acker des 78-Jährigen kaufen, um dort im Zuge der <link http: landesgartenschau-lahr2018.de _blank>Landesgartenschau 2018 einen Sportplatz anzulegen. Doch Grafmüller will das Grundstück nicht hergeben – weil er im Clinch mit der Stadt wegen einer Selbstbedienungswaschanlage liegt und weil ihm sein Acker zu wichtig ist. "Ich bin mit dem Grundstück so verwachsen", sagt Grafmüller. Die Stadt hat die Zwangsenteignung prüfen lassen. Und gibt sich zuversichtlich: "Nach einer ersten Einschätzung ist es denkbar, dass es möglich ist", sagt der städtische Justiziar Tobias Biendl.
Doch wie kann eine Stadt einem Bürger überhaupt sein Grundstück wegnehmen? Kann der Sportplatz nicht woanders hin – oder der Acker? Und: Warum macht die Verwaltung Pläne für ein Gelände, das der Stadt nicht gehört?
Lahr mit seinen rund 43 000 Einwohnern liegt südlich von Offenburg nur wenige Kilometer von der Grenze zu Frankreich entfernt. Die Häuser in der Altstadt leuchten frisch saniert, die Eiscafé-Dichte in der Fußgängerzone ist hoch. Doch nicht überall ist Lahr so einladend. Im Kanadaring, fünf Minuten Autofahrt entfernt, reihen sich Wohnblocks in ehemaligem Beige aneinander. Bis Anfang der 90er-Jahre waren hier die kanadischen Streitkräfte untergebracht, anschließend zogen die Russlanddeutschen ein. Lahr hat mittlerweile 9000 Spätaussiedler aufgenommen.
Hinter den Wohnblocks steht ein Heizkraftwerk, liegen Äcker und die Bundesstraße 415. Auf den Äckern will die Stadt mit viel Grün das ehemalige Beige der Wohnblocks einladender machen; diesen Teil der Stadt mit dem auf der anderen Seite der Straße verbinden. Während der Landesgartenschau soll es hier eine Wiese möglicherweise mit einem Restaurant oder einem Café geben sowie einen Rundweg gesäumt von Bäumen. Danach sollen Sportplätze und eine Sporthalle entstehen.
Mittendrin liegt Werner Grafmüllers Grundstück mit seinen 24 Ar, so groß wie rund ein Drittel eines Fußballfelds. Vier Jahre hat die Stadt mit dem Rentner verhandelt. Sie hat ihm 18 Euro pro Quadratmeter geboten, sieben Mal so viel, wie Ackerfläche sonst um Lahr herum wert ist. Schließlich erlaubt der Bebauungsplan an dieser Stelle auch eine andere Nutzung, wie ein Sportgelände. Die Stadt hat ihm andere Flächen angeboten. Er hat abgelehnt. "Außer 'Ich will nicht' kam nichts zurück", sagt Justiziar Biendl. Grafmüller sagt jedoch ziemlich genau, was er will. Allerdings hat das nur bedingt mit dem Grundstück zu tun. Der Pensionär fordert seit Jahren die Schließung einer Selbstbedienungswaschanlage. Die liegt in direkter Nachbarschaft zu seiner Wohnung und der Baumschule seines Sohnes.
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Tillupp
am 10.07.2014