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CDU steht zu ihrer Ex-Kommunistin

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Der Streisand-Effekt in Reinform: Die frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Susanne Wetterich wollte Kontext verbieten, unter Nennung ihres Namens über ihr Engagement für eine maoistische Hochschulgruppe Ende der 1970er-Jahre zu berichten – was Autor Hermann G. Abmayr im Juli eher beiläufig tat: als eines von mehreren Beispielen für prominente Betroffene des Radikalenerlasses. Wetterich zerrte Kontext vor Gericht – und zog dort schließlich wegen Aussichtslosigkeit ihre Klage zurück. Kontext berichtete, andere Medien auch – und so wurde der Fall breiter bekannt, versetzte manche in Wetterichs Partei sogar in helle Aufregung. Diese gipfelte in einem Antrag aus dem Stuttgarter CDU-Kreisverband, zu prüfen, ob Wetterich angesichts ihrer Vergangenheit für politische Ämter noch "tragbar" sei. Die Bedenken hatten sich vor allem daran entzündet, dass ein Zeuge bei dem Gerichtstermin aussagte, dass Wetterich in ihrer Hochschulgruppe auch Geld für den kambodschanischen Diktator und Massenmörder Pol Pot gesammelt habe.

Vergangenen Donnerstag wurde auf der Mitgliederversammlung der Stuttgarter CDU über den Antrag abgestimmt, er fiel krachend durch, nur zwei Parteimitglieder wollten Wetterichs jugendlichen Aktivismus untersuchen lassen. Die Antragsteller hätten sich gleich an den früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten und CDU-Ehrenvorsitzenden Lothar Späth halten können, der schon 1979, als Wetterich an der Uni wegen ihres Engagements Nachteile drohten, sagte: Bei "kleinen Fischen" wie ihr sollte man "nicht päpstlicher sein als der Papst".

Technische Panne: Mail-Flut an Kontext-Leser:innen

Eigentlich untragbar für uns, aber zum Glück nur von kurzer Dauer war eine technische Panne, die Abonnent:innen des Kontext-Newsletters am vergangenen Freitag eine Flut von Mails zu längst erschienenen Ausgaben bescherte. Eine Umstellung in unserem Redaktionssystem hatte den Fehler verursacht, der schnell behoben werden konnte. Wir bitten um Entschuldigung für verstopfte Postfächer! Die nächsten Newsletter kommen wieder zur richtigen Zeit und einzeln.

Ebbe in Stuttgart

Keine Flut, sondern Ebbe herrscht offenbar bei den Finanzen der Stadt Stuttgart. Die Haushaltslage sei "ernst – sogar sehr ernst", sagte Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) am vergangenen Donnerstag, als er im Gemeinderat seinen Entwurf des nächsten Doppelhaushalts einbrachte. Dieses Jahr rechnet die Stadt mit einem Minus von rund 890 Millionen Euro, in den kommenden beiden Jahren sollen laut Haushaltsentwurf etwa 487 Millionen beziehungsweise 303 Millionen Euro fehlen. Grund für die Misere sei der schwächelnde Absatzmarkt für Verbrennerautos der Marken Daimler und Porsche, der zu einem drastischen Rückgang der Gewerbesteuer führe.

Noppers Maßnahmenkatalog sieht unter anderem vor: Erhöhung von Gebühren bei Verwaltung und Kitas, Einführung der Bettensteuer, Erhöhung der Hundesteuer und Parkgebühren – also alles, was eher die Durchschnittsbürger:innen trifft. Gespart werden soll auch. Schon zuvor hat der Gemeinderat einer Besetzungssperre für Verwaltungspersonal, das keine kommunale Pflichtaufgaben erfüllt, bis März 2026 zugestimmt. Kulturschaffende bangen derweil um Förderungen der Stadt. Sparen will Nopper übrigens auch mit einem "Planungsstopp für noch nicht begonnene Investitionsmaßnahmen". Eine Anfrage, was genau sich dahinter verbirgt, ließ das Rathaus bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Am Samstag auf die Straße gegen rechts

Wenig Geld würde Stuttgart vermutlich die von einer Initiative geforderte Verleihung der Ehrenbürgerwürde an den 1968 verstorbenen Juristen und Nazijäger Fritz Bauer kosten – doch die Stadt behauptet, dies gehe posthum rechtlich gar nicht. So eindeutig ist das indes nicht, wie diverse gegenteilige Beispiele zeigen

Fritz Bauer gehörte zu jenen viel zu wenigen wachen Geistern, die schon im Nachkriegsdeutschland ausdauernd vor einem Wiedererstarken der Rechten warnten. Dieses immer dringlichere Problem mahnt auch das Stuttgarter "Netzwerk gegen Rechts" seit einigen Jahren an. Am Samstag, 18. Oktober ruft das Bündnis zu einer Veranstaltung auf dem Schlossplatz Stuttgart auf. Ab 14 Uhr auf der Bühne stehen werden unter anderem der Sozialwissenschaftler Klaus Dörre, Stuttgarts neuer Asylpfarrer Sebastian Molter, Gratian Riter vom Schorndorfer Bündnis gegen Rassismus und Rechtsextremismus und eine Sprecherin der ­CSD-Bewegung, Joe Bauer moderiert. Also auf die Straße am Samstag, denn, um Fritz Bauer zu zitieren: "Wir können aus der Erde keinen Himmel machen, aber jeder von uns kann etwas tun, dass sie nicht zur Hölle wird."

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