Kaum jemand hatte mit einem Nein gerechnet – und nun betont sogar der Präsident des Bundeskartellamtes die eigene Machtlosigkeit: Wenn es um den Verkauf von Zeitungen gehe, sagt Andreas Mundt, seien seiner Behörde "nach heutiger Rechtslage oft die Hände gebunden" – trotz "offensichtlicher Wettbewerbsbedenken". Entsprechend genehmigt das Amt den Verkauf der baden-württembergischen SWMH-Zeitungen (darunter "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten") an die Neue Pressegesellschaft (NPG), den Verlag hinter der Ulmer "Südwest Presse". Erst vergangene Woche hatte der Medienwissenschaftler Horst Röper im Kontext-Interview ausgeführt, dass es in den frühen Jahren der Bundesrepublik hin und wieder ein Veto gegen solche Zusammenlegungen gab: "Nachdem der Bundestag aber mehrfach das Kartellrecht gerade in puncto Medienvielfalt zahnloser gemacht hat, haben die Richter beim Bundeskartellamt in Bonn kaum noch Möglichkeiten, solche Fusionen zu untersagen. Und insofern werden sie heute in aller Regel genehmigt." Dadurch entsteht nun, so Röper, "ein ganz großer Player in der Zeitungslandschaft". Die NPG gestaltet künftig in Eigenregie, wie die Berichterstattung in den Teilen Baden-Württembergs aussehen wird, in denen es keine Konkurrenz mehr gibt.
Der Schwund an Pressevielfalt und quasi-monopolistische Stellungen in bestimmten Regionen werden also politisch billigend in Kauf genommen – ebenso wie das zunehmende Auftauchen der giftigen Ewigkeitschemikalie TFA im bundesdeutschen Trinkwasser. Immer mehr Studien untermauern, wie gefährlich die Chemikalie ist. Doch die Firma Solvay aus Bad Wimpfen darf weiterhin einen Liter TFA pro Stunde in den Neckar leiten (fünf Tropfen genügen, um ein olympisches Schwimmbecken zu kontaminieren). Dass die nie wieder abbaubare Chemikalie noch nicht verboten ist, hat einen einfachen Grund: Die Chemielobby lobbyiert, wie Kontext-Redakteurin Gesa von Leesen beschreibt.
Ob in diesen Zeiten mit Anstand und Aufklärung noch ein Blumentopf zu gewinnen ist? Unser Kolumnist Cornelius W. M. Oettle hält die Antwort für offensichtlich und zieht Konsequenzen: Statt rechte Trottel auf ihre moralische Verkommenheit hinzuweisen, ist es ihm zufolge aussichtsreicher, sie mit Kommunikationstricks zu manipulieren. Denn er weiß: "Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler." Insofern empfiehlt sich beispielsweise bei der Windkraft ein neues Framing: Es gäbe sicherlich mehr Zuspruch von rechtsaußen, wenn Windräder künftig grenznah und ganz eng beieinander als Flüchtlingszäune aufgestellt werden. Und welcher Nazi gerät nicht bei dem Gedanken in Wallung, Polen mit "gefährlichem" Infraschall zu schikanieren?
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Das Zauberwort Presseförderung
vor 2 Tagen