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taz in Stuttgart

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Die Erkenntnis ist nicht neu, aber immer wieder ernüchternd: Die Welt ist abhängig von Männern, die nicht mal mit dem eigenen Ego zurechtkommen. Siehe Trump, der vor seiner Wahl zum mächtigsten Präsidenten der Welt noch tönte, er werde den Krieg gegen die Ukraine in wenigen Stunden beenden. Da kam dann wohl die Realität dazwischen. "Der russische Krieg in der Ukraine droht zu einem erbitterten Zermürbungskrieg zu werden. Mit Trump in den USA und Putin in Russland scheint keine Lösung in Sicht", schreibt unsere große Partnerzeitung taz und fragt: "Wie geht es weiter?"

Ist Aufrüstung die Lösung? Ist Diplomatie in despotischen Zeiten noch möglich? Und kann es mit Putin Frieden geben? Über diese Fragen will die taz am kommenden Mittwoch, 4. Juni in der Stuttgarter Rosenau diskutieren. Mit dabei sind Bernd Pickert, seit den 1990ern Auslandsredakteur der taz und USA-Experte, sowie der Friedens- und Konfliktforscher Thomas Nielebock, der mit Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) die Initiative "Aufbruch zum Frieden" gegründet hat (mehr dazu hier). Tanja Tricarico, die das Politik-Team der Wochentaz leitet, moderiert. Los geht es um 19 Uhr, um Anmeldung wird gebeten, die Veranstaltung ist kostenfrei.

Der Abend steigt im Rahmen der deutschlandweiten "Seitenwende-Tour" der taz, die Fragen zur digitalen Umstellung beantworten will. Am 17.10.2025 wird nämlich die letzte Ausgabe der Tageszeitung unter der Woche gedruckt erscheinen. Danach gibtꞌs die taz wochentags nur noch digital. Als Print-Version gibt es aber weiterhin die Wochentaz, was uns von Kontext freut, sind wir doch seit 14 Jahren mit jeweils vier gedruckten Seiten Teil der Print-Ausgabe am Samstag. Das wird auch weiterhin so bleiben. Ab 17 Uhr helfen die tazler:innen in der Rosenau bei Problemen und Fragen rund um die App und das ePaper. Bitte Endgeräte und Passwörter mitbringen.

Stadträte mussten zu Hause mitfiebern

Manchen Nachrichten entkommt niemand. In Stuttgart zum Beispiel dürfte es zuletzt ziemlich unmöglich gewesen sein, sich im öffentlichen Raum fortzubewegen, ohne etwas vom DFB-Pokalfinale mitzubekommen. Sogar die digitalen Anzeigetafeln der Stadtbahnhaltestellen gratulieren dem heimischen VfB zum Sieg gegen den Underdog Arminia Bielefeld. Und auf Social-Media-Kanälen jubelt Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU), der gleich doppelt Glück hatte: Denn nicht nur gelang der "Pokaltriumph" am "Pokalwochenende". Als er die siegreiche VfB-Mannschaft am Sonntag im Rathaus empfangen durfte, hatte Nopper auch noch Geburtstag.

Dass das Wiegenfest nicht durch eine Niederlage vermiest wurde, ist Balsam für die Seele, nachdem Noppers Reisepläne für das Wochenende kurzfristig vom Stuttgarter Regierungspräsidium (RP) torpediert worden sind. Eigentlich hatte eine Delegation das Finale live in der Hauptstadt verfolgen wollen, Nopper hatte einen Bus der städtischen Abfallwirtschaft gechartert, um die Stadträte Carl-Christian Vetter (CDU), Cornelius Hummel (FDP), Gerhard Veyhl (Freie Wähler), Dennis Landgraf (Tierschutzpartei) und Michael Mayer (AfD) nach Berlin mitzunehmen. Doch das RP grätschte dazwischen, bezeichnete es gegenüber der "Stuttgarter Zeitung" als "dienstrechtlich unzulässig", für ein derart begehrtes Spiel Eintrittskarten zu erwerben, die auf dem freien Markt nicht verfügbar gewesen wären. Außerdem käme den Stadträten "keine ausreichend gewichtige repräsentative Funktion zu".

Interessant ist zudem, wer sich überhaupt auf das Angebot eingelassen hat. Stefan Conzelmann (SPD) wollte auch nach Berlin, hat sich aber auf eigene Kosten eine Bahnkarte gekauft, weil er sich keinen Bus mit einem AfD-Funktionär teilen wollte. Die Fraktionen Grüne und Puls hatten die Teilnahme von Anfang an abgelehnt. Doch auch wer zuhause blieb, konnte atmosphärisch mitfiebern: Die Stadt Stuttgart hat ein Public-Viewing des Finales auf dem Schlossplatz mit 270.000 Euro bezuschusst.

Familiennachzug ausgesetzt

Turbulent war es in Berlin zuletzt nicht nur sportlich. Für Wirbel sorgte erneut Innenminister Alexander Dobrindt (CSU): Für zwei Jahre will die Bundesregierung den Familiennachzug für subsidiär Schutzbedürftige aufheben, also für Geflüchtete ohne Asylstatus. Bislang durften 1.000 Familienangehörige pro Monat nach Deutschland einreisen. "Damit ist jetzt Schluss", verkündete der Minister per "Bild". Gut, dieser Gesetzentwurf ist nicht allein auf Dobrindts Mist gewachsen, die SPD trägt die Entscheidung im Koalitionsvertrag mit. Und es ist kein Original: Der Familiennachzug wurde schon einmal für zwei Jahre ausgesetzt, ebenfalls von einer schwarz-roten Bundesregierung, zwischen 2016 und 2018. Der Minister selbst begründet den Schritt damit, "Pull-Faktoren nach Deutschland deutlich reduzieren" zu wollen. Außerdem spare man sich wegen wegfallender Integrationskurse pro Jahr vier Millionen Euro. Gegenwind kommt von den beiden großen christlichen Kirchen, Dutzenden NGOs und von der Opposition. Die Linke nennt die geplanten Gesetzentwürfe "nicht weniger als die Abkehr von Humanität und Menschenrechten". Von "klarem Rechtsbruch" sprechen die Grünen.

Was das für Geflüchtete und deren Angehörige bedeutet, erläutert Migrationsforscher Benjamin Etzold im Mediendienst Integration: Eine Trennung von der Familie sei schwer zu ertragen, für junge Menschen sei das sogar traumatisch. Und er zweifelt ob der Wirksamkeit des Gesetzes: "Wenn Familienmitglieder nicht regulär nachziehen dürfen, dann sehen sich viele gezwungen, irreguläre Wege zu nutzen." Dagegen haben die Bayern jetzt auch noch "Pop-up-Grenzkontrollen" erfunden. Ernsthaft.

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