Ob sich die Bundespolitik noch dazu durchringt, Journalismus als gemeinnützig anzuerkennen? Die Ampel-Regierung hat das in ihrem Koalitionsvertrag versprochen, die Umsetzung lässt allerdings auf sich warten. Dabei gibt es gewichtige Stimmen, die das empfehlen.
So am vergangenen Montag im Bundestag bei der Anhörung zum Steuerfortentwicklungsgesetz. Dabei ging es auch darum, welche Zwecke in der Bundesrepublik als gemeinnützig anerkannt werden sollen. Schützenvereine und Burschenschaften ja, Journalismus zählt bislang nicht dazu. Stefan Diefenbach-Trommer von der Allianz Rechtssicherheit für Politische Willensbildung, selbst auch Journalist, erklärte nun vor den Abgeordneten, dass eine entsprechende Klassifizierung große Chancen und geringe Risiken bedeuten würde. Der Schritt würde laut Diefenbach-Trommer beitragen, Qualitätsjournalismus zu stärken.
Der Druck auf die Branche wächst: Zeitungen und Magazine sind zwar Produkte, in die oft viel Idealismus und Herzblut fließen. Grundsätzlich unterliegen sie als Waren in der Marktwirtschaft aber denselben ökonomischen Zwängen wie ein Hosenknopf, was bedeutet, dass Nachrichtenwüsten drohen, wo sich das Geschäft mit dem Journalismus nicht mehr rentiert. Im östlichen Norddeutschland gibt es bereits Regionen ohne eigene Lokalzeitung, auch in Baden-Württemberg verzichten die etablierten Tageszeitungen seit Jahren auf immer mehr Lokalredakteur:innen. Schlecht für die Demokratie, meinten im Februar 2022 fünf Landräte aus dem reichen Baden-Württemberg, die beklagen, dass ihnen niemand mehr auf die Finger guckt. Wie sollen sich die Bürgerinnen und Bürger ein angemessenes Bild von der Kommunalpolitik machen, wenn bei der Entscheidungsfindung die Pressebänke leer bleiben?
Wo die regionale Berichterstattung immer schlechter wird, bilden sich immer öfter kleine Zeitungen, betrieben von engagierten und enthusiastischen Journalist:innen, denen es nicht um Profit geht. Auch die Kontext:Wochenzeitung gehört dazu. Um vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt zu werden, machen diese Zeitungen zusätzlich Bildungsarbeit. Doch die Rechtslage ist unsicher. Gemeinnützig war auch der "Volksverpetzer" – und zwar von 2019 bis 2024. Diesen April hat sich das Finanzamt überraschend umentschieden, den Status aberkannt und forderte urplötzlich eine fünfstellige Summe Steuern zurück. Solche Fälle ließen sich leicht vermeiden, wenn es denn mit den rechtlichen Anpassungen endlich voran ginge.
"Non-Profit-Medien brauchen endlich Planungssicherheit", fordert also David Schraven, der Vorsitzende des Forums Gemeinnütziger Journalismus. Verwirklichen könnte der Bundestag diese Sicherheit nun mit dem Steuerfortentwicklungsgesetz.
Denn dass Medien einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten, ist eigentlich offensichtlich: Nicht ohne Grund sabotieren alle autoritären Systeme eine freie Presse. Wie sich eine liberale Demokratie gegen das Erstarken faschistischer Kräfte wetterfest machen lässt, war vergangenen Donnerstag auch Thema im Theaterhaus Stuttgart: Den ganzen Tag diskutierten am Tag der Deutschen Einheit etwa 200 Menschen, informierten sich, tauschten sich aus, bildeten Banden. Der Demokratiekongress der Anstifter rund um Kontext-Kolumnist Peter Grohmann war ein Erfolg – das steht mal fest. Auch Kontext war dabei, vertreten durch Anna Hunger und Gesa von Leesen. Zusammen mit Titus Häussermann, Herausgeber der Stuttgarter Stadtteilzeitungen "Blättle Süd" und "Blättle West", ging es um die Schwierigkeiten und Chancen neuer Presseformate und die verheerenden Auswirkungen von Sparorgien in den Lokalredaktionen.
Transparenzhinweis: Kontext-Mitgründerin Susanne Stiefel sitzt im Vorstand des Forum Gemeinnütziger Journalismus.
2 Kommentare verfügbar
Gerald Wissler
am 09.10.2024Oder soll es dann bestimmte inhaltliche Kriterien für so eine Förderung geben ?
Und wer legt die fest anhand welcher Kriterien ?
Und wie unabhängig kann ein Journalismus…