Neulich bei Telegram, Gruppe der Coronarebellen Biberach. Einer teilt eine Fotomontage, irgendwas mit rennenden Vermummten auf einer Straße, die auf jeden Fall nicht in Biberach ist. Die Montage stammt von einem Blog, der Öffentlich-Rechtliche kritisiert, wurde dann aber durch Eva Herman ins Telegram-Universum eingespeist und landete in dieser Gruppe. In einer anderen, sehr lang vergangenen Welt war Herman mal "Tagesschau"-Sprecherin, später Autorin beim Kopp-Verlag, jetzt selbstständig in der Vollzeitverschwörungsbranche. Ist das echt?, will eine Petra über das Bild in der Gruppe wissen, denn seit Langem glaubt sie an gar nichts mehr. Nee, eine Montage, sagt ein anderer, nicht Biberach. Und vor allem von Eva Herman gepostet, meint ein Dritter. Petra antwortet: Oje, Eva Herman sei ihr seit 2020 schon suspekt. Zu gelenkt. Moment: Zu gelenkt? Eva Herman, das Systemmedium? Und dann, ganz leise, schleicht sich in die eigene Fassungslosigkeit so eine dunkle Trauer. Petra, für immer verloren, weil sie irgendwann in diesen Chat gefallen ist, der keinen Boden hat, nur Finsternis.
Petra tummelt sich da zwischen Warnungen vor gefährlicher Strahlung, sehr vielen roten Ausrufezeichen, Heilsversprechen, Hetze gegen Migranten, Impfschäden, Julian Reichelt, Chemtrails, Aufregung um den "Great Reset", der "Lüge" um den Klimawandel und diversen Geheimplänen. Dazwischen gibt es Fotos von Typen, die morgen "den Umsturz" vollführen wollen und sich heute mit wehenden Flaggen im Sonnenuntergang inszenieren. Hallelujah. Wie so viele glaubt Petra nicht mehr an "die Medien", erst recht nicht an "die Politik", und nun entwickelt sie Sympathien für den Bauernprotest. Einer von Petras letzten Posts ist von "Patriotische Stimme für Deutschland" weitergeleitet und handelt von "Verbrechen der Alliierten". "Ich will Freiheit für das deutsche Volk!", steht darunter. Oh Petra.
Für Bauerndemos generell wird mobilisiert von Klimawandelleugnern, von einem ehemaligen NPDler mit massiver Online-Gefolgschaft, wie unser Autor Minh Schredle beschreibt. Der Biberacher Bürgermeister will Reichsbürger auf der Bauerndemo am Aschermittwoch gesehen haben. Und Bio-Bauer Weber, der sich fragt, wie es so weit kommen konnte, dass angesichts von Artensterben, geschädigten Böden und Nitrat im Grundwasser die konventionelle Landwirtschaft einfach immer so weitermachen will, dem steigen Tränen in die Augen. Tja. Bauern müssten Linke sein, meint unser Autor Cornelius Oettle. "Ich weiß, das ist hart." Den Aschermittwoch, den Tag der Bauernproteste nennt der Biberacher Bürgermeister mittlerweile den "Schwarzen Mittwoch".
Apropos Artensterben, da wir ja gerade über eine europäisch-deutsche Atombombe nachdenken: Ja, ist die denn auch bio? Das Militär an sich ist nämlich eine der klimaschädlichsten Einrichtungen der Menschheit. Sagt jedenfalls Jacqueline Andres von der Tübinger Informationsstelle Militarisierung. Und unser Kolumnist merkt treffend an: "Armer Oppenheimer. Gerade haben wir dich noch im Kino gesehen. Doch sie hören nicht auf, niemals."
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