Seit dem 12. Juni und bis zum 23. fliegen für die Nato-Übung Air Defender Kriegsflugzeuge über Deutschland. Zehntausend Teilnehmende aus 25 Nationen üben Luftoperationen – offenbar, so hört man, ist das die bisher größte derartige Übung der Nato seit deren Bestehen. Sie sei schon seit Jahren geplant gewesen, heißt es, habe also eigentlich nichts mit dem Krieg in der Ukraine zu tun. Außer vielleicht ein bisschen, um "Geist und Stärke" des Bündnisses zu demonstrieren, sagt die US-Botschafterin Amy Gutmann. Andere meinen, das war im Kalten Krieg auch so, also was regste dich auf? Andere Zeiten, heutzutage.
Offenbar. Fotostrecken mit teilnehmenden Kampfflugzeugen haben Hochkonjunktur. Die "Stuttgarter-Zeitungsnachrichten" zeigen "Leutnant Brad Lynch von der Idaho Air National Guard" wie er "eines der 30-mm-Geschosse, die seine A-10 verschießt" präsentiert. Selbst die linksliberale "Frankfurter Rundschau" bringt eine Fotostrecke mit Flugzeugen, die derzeit am Himmel – sorry – im "deutschen Luftraum" kreisen. Ungarn fliegt das Flugzeug Saab JAS 39 Gripen, lernt man, und das kann "alle gängigen Waffen der Nato-Staaten tragen und Luft- sowie Bodenziele bekämpfen". Finnland fliegt "Hornisse", ein Flugzeug, das sich wohl auszeichnet durch "Flexibilität bei der Bekämpfung von Boden-, See- und Luftzielen auf große Entfernung". Die F-15 Eagle muss wahrlich ein Meisterstück sein, denn, schreibt die FR, das Flugzeug hätte einen "unschätzbaren Vorteil": "Sie kann zu einem günstigeren Preis viel mehr Waffen mitführen." Ah ja, das ist natürlich ein Bomben-Argument heutzutage. Wer weiß, ob wir da nicht nochmal drauf zurückkommen bei den ganzen Flüchtlingen, die zukünftig sicher nicht freiwillig daheim bleiben werden. Oder gegen den Terror dieser Klimakleber, da täte ein bisschen Militär im Innern sicher auch helfen. Mal ordentlich zielen mit der M61 im Eagle, 6.000 Schuss pro Minute, Vollautomatik, da hat sich's – zack die Bohne – ausgeklebt!
Sowieso brauchen wir mehr Militärübungen. Viel mehr. Als das KSK in Calw wegen Hitlergrüßen in der Kritik stand, war bei "Zeit" und "Spiegel" zu lesen, dass gut ausgebildete Soldaten zwangsläufig und aus schierer Langeweile zu Nazis werden, wenn sie nicht auch mal richtig ran dürfen. Was auch machen, wenn man im Schwarzwald so schön Straßenkampf trainiert, dann aber nie mal ordentlich einen totwürgen darf? Das ist natürlich Kacke und mega verständlich, wenn da einer in unserer vollverschwulten bunten Gender-Gesellschaft Hitler geiler findet als Olaf Scholz. "Was zählt, wenn wir wieder Stärke zeigen müssen?", fragt die Bundeswehr da richtigerweise. Ja was?
Jedenfalls nicht dieses naive Geseiere von "Frieden", blablabla. Lass stecken, Jürgen Grässlin, du nervige Friedenstype ohne Ahnung vom Leben!
Oder doch nicht?
"Schenkt man westlichen Regierungspolitikern Glauben, dann ist die Gewalt der Waffen die einzig wahre Antwort auf die Konflikte der Neuzeit", schreibt Aktivist Grässlin in seiner gerade erschienenen Autobiografie, aus der wir in dieser Ausgabe eine Leseprobe anbieten. "Meine Gegenfragen an all die Befürworter von Waffengewalt lauten dementsprechend: Sind es nicht gerade die gewaltfreien Widerstandsformen, die so viel Positives bewirkt haben?"
Wenn Air Defender vorbei ist, sollte da vielleicht mal einer drüber nachdenken.
Bis dahin sind wir von Kontext auf diversen Bühnen unterwegs. Oliver Stenzel wird am Wochenende beim Bürgerprojekt "Die Anstifter" über Möglichkeiten sprechen, wie der Krieg Russlands gegen die Ukraine beendet werden könnte. Susanne Stiefel und Anna Hunger sind von Freitag bis Samstag zur Jahrestagung von "Netzwerk Recherche" in Hamburg eingeladen. Susanne Stiefel wird sich als Podiumsgast für den gemeinnützigen Journalismus einsetzen, den auch Kontext vertritt. Anna Hunger wird in einem Workshop Strategien gegen Slapp-Klagen, also Klagen mit dem Ziel, Kritiker:innen einzuschüchtern oder Protest zu verhindern, mitdiskutieren.
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Ruby Tuesday
am 17.06.2023