Respekt, Deutsche Bahn! Andauernd ist der Staatskonzern Hohn und Spott ausgesetzt und das wegen irgendwelcher irrelevanter Nichtigkeiten. Dann wird der nutzlose Tiefbahnhof halt ein paar Milliarden teurer – wen juckt's? Sollte es mal um etwas wahrhaft Relevantes gehen – etwa darum, verdächtige Käferkacke als Manipulationsversuch zu entlarven – stellt die Bahn ihre Handlungsfähigkeit eindrucksvoll unter Beweis. Dann gelingt es nämlich, in nur drei Tagen, und das auch noch übers Wochenende, einen unabhängigen Gutachter zu finden, dessen Unabhängigkeit vom ebenfalls unabhängigen Eisenbahn-Bundesamt bescheinigen zu lassen und dann auch noch zweifelsfrei zu beweisen, dass hier eine betrügerische Absicht vorliegt.
Zum Sachverhalt als solchem: Für Stuttgart 21 hat die Bahn am vergangenen Donnerstag rund 100 Bäume im Rosensteinpark gefällt. Von sechsen derer wurde vermutet, dass sich hier der geschützte Juchtenkäfer angesiedelt haben könnte. Statt dem kultigen Krabbelviech fanden die Bauarbeiter aber nur eine kleine Flasche voller Mist in einem Baumstumpf. Und weil unwahrscheinlich wirkt, dass sich der Juchti hier <link http: www.parkschuetzer.de statements>neuerdings zum Rudelkacken verabredet, bleibt als Schluss nur, dass hier eine Manipulation vorliegt.
Fragt sich nur: von wem?
Für die Bahn ist klar: Es waren Projektgegner. Für Projektgegner ist klar: Es war die Bahn. Womöglich war es aber auch ein durchgeknallter Einzeltäter, der ganz ohne Weisung Dritter handelte. Oder die Presse, die über Spannenderes schreiben wollte, als illegale Baumfällungen. Oder eben den dreihundertzweiunddrölfzigstausendsten Artikel darüber, dass ein unsinniges Großprojekt noch teurer und noch später fertig wird.
Den entscheidenden Hinweis liefern die Ingenieure22. Die stellen per Twitter sehr richtig fest: "Noch gilt in diesem Land die Unschuldsvermutung." Tiefe Forschung, schwierige Abstraktion, Trennung des Verschiedenen und Vereinigung des Identischen führen schließlich zur Erkenntnis: So lange ein Täter unbekannt ist, ist unbekannt, wer der Täter ist.
Die Bahn jedenfalls fühlt sich belogen und betrogen (willkommen im Club). Und jetzt will nicht einmal die Staatsanwaltschaft ermitteln, weil sie keinen Anfangsverdacht sieht (auch das kommt Projektgegnern nicht ganz unbekannt vor). Von völlig frei erfundenen Informanten hat Kontext erfahren, dass die Bahn bereits prüft, einen Privatdetektiv anzuheuern, der den Skandal aufklären soll, und für dessen Millionenhonorar die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg aufkommen werden. <link https: www.kontextwochenzeitung.de debatte tage-des-irrsinns-4881.html _blank external-link>Angesichts der immer dreisteren Mehrkosten, die sich nicht ansatzweise auf den Protest abwälzen lassen, fallen diese Peanuts auch nicht weiter ins Gewicht.
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