Führende Parteien und ihre Kandidaten profitieren von einem oberflächlichen Schmusejournalismus, finden sie doch für ihre hohle Propaganda und ihre narzisstischen Sonntagsreden allseits geeignete Lautsprecher. So stand es in einer Rezension zum desaströsen TV-Duell der beiden Spitzenleute zur Bundestagswahl. Allerdings nicht 2017, sondern <link https: www.kontextwochenzeitung.de debatte haette-haette-deutschlandkette-1721.html internal-link-new-window>schon 2013, und zwar in Kontext. Nun war dieses Jahr noch weniger zu erwarten: Denn was es mit Journalismus zu tun haben soll, sich die Regeln seines Formats von einer Teilnehmerin diktieren zu lassen – Kanzlerin Merkel legte Bedingungen für ihre Teilnahme fest –, muss uns noch jemand erklären.
Die fehlende Distanz zwischen politischem Journalismus und Akteuren des Politikbetriebs kritisiert auch der Journalist <link https: www.kontextwochenzeitung.de medien politische-propaganda-4573.html internal-link-new-window>Stephan Hebel im Interview mit Jens Wernicke. Zwar betont er deutlich, dass es auch in den etablierten Medien ruhmreiche Ausnahmen gebe. Insgesamt würde die deutsche Presse jedoch viel zu häufig an der Aufgabe scheitern, "eines der Lebenselixiere der Demokratie zu fördern: das Denken in Alternativen". Und damit meint er sicher nicht Rassismus.
Doch wenn wir schon beim Thema sind, gilt es, im Sinne der ausgewogenen Berichterstattung, auch die Verdienste des 97-minütigen Aufeinandertreffens von Merkel und Schulz aufzuzeigen: So demonstrierte das vierköpfige Moderationsteam eindrucksvoll, dass es inzwischen keine AfD mehr braucht, um Rechtspopulismus zur Primetime ins deutsche Fernsehen zu bringen. Ein Blick auf die Themenauswahl zeigt: 17 Fragen zu Flüchtlingen und Migration, sieben zur Außenpolitik, sechs zu Terror und innerer Sicherheit, fast immer mit dem Unterton einer allgegenwärtigen Bedrohungslage.
Dass inzwischen <link https: www.kontextwochenzeitung.de politik siller-fragt-goekay-akbulut-4579.html>jedes vierte Kind im Land in Armut aufwächst, dass wir den größten Niedriglohnsektor Europas haben, dass jeder dritte Beschäftigte auf die Altersarmut zuarbeitet und dass <link https: www.kontextwochenzeitung.de politik internal-link-new-window>sich der Wohlstand immer einseitiger verteilt, scheint fürs TV-Duell nicht relevant genug zu sein. Ebenso wenig wie die Energiewende und der Klimawandel, den die amtierende Kanzlerin noch 2008 als "die Überlebensfrage der Menschheit" bezeichnete. Einer, den das besonders ärgert, ist der Journalist und Buchautor Franz Alt. Nicht nur, weil er sich für ökologisches Wirtschaften und Solarstrom einsetzt. Sondern auch, weil ihn nach 35 Jahren als Fernseh-Moderator die groben handwerklichen Fehler der KollegInnen irritieren, wie er in einem aktuellen Beitrag für Kontext ausführt. Für ihn ist völlig klar: So waren <link https: www.kontextwochenzeitung.de medien themen-verfehlt-setzen-sechs-4583.html external-link-new-window>die Verlierer des angeblichen Duells die Zuschauer und damit die Demokratie.
2 Kommentare verfügbar
Schwa be
am 06.09.2017oder
"Dass inzwischen jedes vierte Kind im Land in Armut aufwächst, dass wir den…