Doch noch tut sich der Nonprofit-Journalismus in Deutschland eher schwer. Ohne das vom Finanzamt verliehene Siegel "gemeinnützig", sind kaum Spender und Förderer, weder Privatpersonen noch Stiftungen, zu gewinnen. Vielmehr sind in der Abgabenordnung Amateurfunk, Modellflug und Hundesport als gemeinnützige Zwecke vorgesehen. Da ist Fantasie gefragt: Das in der Szene bekannte Blogger-Magazin "netzpolitik.org" reüssierte mit dem "Verbraucherschutz" als gemeinnützigem Zweck, bei "n-ost" , einer Art Presseagentur für Osteuropa, überzeugte die beabsichtigte "Völkerverständigung" schließlich das Finanzamt. Doch viele, vor allem regional- oder lokaljournalistische Neugründungen scheitern an dieser Hürde.
Ganz anders in den USA. Auch dort ist der Journalismus nicht direkt als gemeinwohlwürdig im Gesetz genannt. Aber bereits der Zweck "educating the public" , also Erziehung der Öffentlichkeit, reicht, um den begehrten Status zu erhalten und die Spenden zum Sprudeln zu bringen. So sind dort bereits rund hundert journalistische Projekte in einem Dachverband, dem Institute for Nonprofit News, vereint.
Jetzt hat die FDP-Fraktion (sic!) im Düsseldorfer Landtag einen Antrag eingebracht, dass auch "Journalismus", ohne Hinter- und Nebentürchen, als gemeinnütziger Zweck anerkannt werden soll. Diese Initiative der Liberalen soll nun im Juni einer Expertenanhörung unterzogen werden. Auch "Netzwerk Recherche", so Geschäftsführer Bartsch, will die Sache mit einer Initiative Nonprofit-Journalismus Deutschland befördern.
Nicht verschwiegen werden soll, dass Journalistenverbände, wie etwa die Deutsche Journalisten-Union (dju), das Ganze einigermaßen kritisch sehen. Sie befürchten noch mehr ( Selbst-)Ausbeutung und einen unprofessionellen Do-it-yourself- Journalismus. Allerdings, und auch das wurde bei der re:publica 15 deutlich, gibt es eine ganze Reihe von Missverständnissen über diesen "dritten Weg" im Journalistengewerbe. So heißt "Nonprofit" keineswegs, dass den dort arbeitenden JournalistInnen nichts bezahlt wird. Die meisten gehen von einer Hybridform aus: Bezahlte Mitarbeiter und Ehrenamtliche arbeiten gemeinsam als "Aktivisten der Aufklärung", so Christian Humborg vom Recherche-Büro "Correctiv". Auch müssen weder Vereine noch Stiftungen gegründet werden, um den Status "gemeinnützig" zu bekommen. Selbst die GmbH, ja sogar eine Aktiengesellschaft, kann gemeinnützig sein. Die meisten jungen Projekte, so etwa "Ein Topf voll Gold", starten als UG, als Unternehmergesellschaft. Das ist so eine Art GmbH für Arme, die bereits mit einem Euro Stammkapital gegründet werden kann.
Einig waren sich alle NonprofitlerInnen in der Ablehnung von Bezahlschranken, neudeutsch "Paywalls". Bei "Correctiv" gibt es sogar das Schlagwort "Steal our Story", klaut unsere Geschichten und verbreitet sie weiter – mit Quellenangabe, versteht sich.
So bunt und vielfältig, noch vom Zauber des Anfangs verschönt, zeigt sich dieses Segment der Medienszene heute. Und wir, die AutorInnen, FörderInnen und LeserInnen der Kontext:Wochenzeitung, werden später einmal zu Recht sagen können: Wir sind dabei gewesen!
7 Kommentare verfügbar
Schorsch
am 17.05.2015Eigentlich kann ich den meisten Ihrer Beiträge zustimmen, insbesondere in Ihrer Kritik an der neoliberalen Politik. Ihr Kommentar vom 13.05. erscheint mir jedoch bezüglich der Passage "anzustrebende Kostendeckung der öffentlichen Daseinsvorsorge" gänzlich im Widerspruch zu Ihrer…