Wir haben uns überlegt, ob wir Pegida einen Dankesbrief schreiben sollen. So nach dem Motto: Gut, dass es euch gibt. Wegen euch gehen die Leute wieder auf die Straße. 8000 in Stuttgart, die allen Fremden, Flüchtlingen und Asylbewerbern trotzig und plakativ sagen: Herzlich willkommen im Musterländle. Aber dann haben wir es sein gelassen, weil das mit der Ironie so eine Sache ist und die Angelegenheit zu ernst.
Fragen darf man aber schon warum etwa in Dresden 18 000 Menschen auf der Pediga-Bühne demonstrieren? Alles verwirrte Mitläufer, eine Ansammlung von Dumpfbacken, subversive Rechtsradikale? Da lohnt doch, ganz im Ernst, ein Blick ins "Handelsblatt". Das der Systemkritik unverdächtige Organ schreibt, die politisch Verantwortlichen hätten viele Probleme "ignoriert, weggeschoben oder weggelächelt". Hartz IV zum Beispiel. Keine offene Auseinandersetzung um Islam, Immigration, Eurokrise, Ukrainekonflikt, stattdessen Durchwurschteln. Und dafür seien auch die Medien mitverantwortlich. Nur wenigen sei es gelungen, ernsthafte Diskussionen über Themen anzuschieben, welche die Menschen "abseits des Mainstreams tatsächlich bewegen". Der journalistische Mut, den Mächtigen Kontra zu geben, sei "vielfach auf der Strecke geblieben". Geschrieben hat das Hans-Peter Siebenhaar, ein durchaus konservativer Kollege. Er fordert einen "kritischen Dialog".
So kann man auch Peter Conradis Plädoyer für mehr Offenheit verstehen. Auch er will keine Parallelwelten, in denen sich Menschen abschotten, die für politische Parteien nur noch Verachtung übrig haben. Er will, dass sie diskutieren, überzeugen und für ihre Ansichten kämpfen. Auch wenn das mühsam, manchmal lästig und in der Konsequenz bitter ist, weil man, wie so oft, in der Minderheit bleibt. Conradi ist ein Streiter der ersten Stunde – gegen Stuttgart 21. Ehrensache, dass er bei den 8000 dabei war.
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Ulrich Frank
am 13.01.2015