Kalendarisch bedingt hat unsere heutige Epistel einmal mehr eine geistliche Note. Zwar wurde Jesus Christus mitnichten heute vor 2014 Jahren geboren, sondern – wenn überhaupt – ein paar Jahre früher. Und das mit Bethlehem, dem Stall, dem Stern und den ihm nacheilenden Weisen wurde halt auch bloß planvoll erfunden. Aber natürlich ist beileibe nicht alles, was uns das fantasiebegabte Neue Testament erzählt, schon deshalb ähnlich haltlos wie dieser legendengesättigte Publikumsrenner von Weihnachten.
So regt zum angeblich allseits erwünschten Nachdenken Jesu Aussage an, es gehe eher ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein Reicher ins Reich Gottes gelangt. Anders als vieles andere findet sie sich wortgleich in den Evangelien des Markus, des Matthäus und des Lukas. Was einerseits die uralte Medienschelte für die Untugend hemmungslosen Voneinanderabschreibens befeuert (auch Talmud und Koran kennen diese Metapher!) und andererseits vom Gewicht dieser Warnung zeugt.
Theologisch ist sie übrigens ganz schön starker Tobak. Da hinge also Heil oder Verdammnis vom Kontostand ab, und zwar genau andersherum, als es dieser grässliche Calvin mit seiner Prädestinationslehre vor erst 400 Jahren als ewige Wahrheit behauptete! Gottlob hat der Nazarener das aber später relativiert, jedenfalls bei Markus, mit dem trefflichen Zusatz, bei Gott sei alles möglich, ergo auch die Rettung Reicher. Obwohl die sich mithin wieder etwas entspannter zurücklehnen können, wird man zumindest bei orthodoxer Auslegung davon ausgehen dürfen, dass Begüterte ihre jenseitigen Chancen deutlich verbessern durch rechtzeitige Vermögensminderung durch Umverteilung zugunsten bedürftiger Dritter.
Ohne nun die Heilige Schrift in ungebührlicher Weise für unsere Zwecke instrumentalisieren zu wollen, sei doch zart angedeutet ein Zusammenhang zwischen der heutigen und den Episteln der vergangenen Wochen zum Thema materielle Kontext-Existenzsicherung. Gewiss muss vor übertriebenen Erwartungen gewarnt werden, und erst recht können wir begreiflicherweise keinerlei Verantwortung übernehmen oder gar irgendwelche Garantien geben. Dennoch sei daran erinnert, dass unsere Leserschaft schließlich gewisse Werte und das immerwährende Suchen nach Wahrheit(en) mit uns teilt. Sofern dies löbliche Tun auch künftig stattfinden soll, kann es befördert werden durch weiterhin kräftiges Spenden.
2 Kommentare verfügbar
Valentin
am 29.12.2014Ich denke auch, dass die Revolution nur eine geistige (fremdwörtlich: spirituelle) sein kann. Man könnte auch sagen: eine Revolution des Bewusstseins. (Und ich bin mir klar, dass es bei all diesen…