Eigentlich wollten wir kräftig die Werbetrommel rühren, aber bevor wir loslegen konnten, kam vom Kooperationspartner die Rückmeldung, dass der Auftakt zur Gesprächsreihe "Kontext im Merlin" schon ausgebucht sei. Am vergangenen Montagabend war Premiere. Gemeinsam mit dem soziokulturellen Zentrum im Stuttgarter Westen sollen alle zwei Monate und immer montags Menschen aus Politik und Zivilgesellschaft über drängende Fragen diskutieren. Und dabei "Hirn und Bauch zusammenbringen", wie Merlin-Chefin Annette Loers bei der Begrüßung erläuterte.
Die neue Gesprächsreihe fügt sich ein in ein Merlin-Programm, das von politischen Konzerten über Improvisationstheater bis zum familienfreundlichen Kollektivglotzen der Sendung mit der Maus reicht (kleine Gäste können dabei einen Babyccino bestellen, ein Getränk, das auf Kaffee verzichtet und ganz auf Milchschaum setzt). Dass der Andrang direkt zum Auftakt so groß war, hing sicherlich mit Muhterem Aras zusammen: Die grüne Landtagspräsidentin Baden-Württembergs saß zusammen mit Moderator Stefan Siller auf der Bühne. Und sie beschrieb, wie die Demokratie nicht nur von außen, sondern auch von innen, aus den Parlamenten heraus, angegriffen wird von einer "mindestens in Teilen gesichert rechtsextremen Partei".
Kontext-Gründer Josef-Otto Freudenreich freute sich über ihr Kommen und die Traute, nach den Ereignissen von Biberach auf die Bühne zu gehen. Klare Sprache, klare Kante, das sei in der Politik nicht die Regel, betonte er. Am 14. Februar hatten wütende Landwirt:innen, Querdenker:innen, Reichsbürger:innen und AfD-Sympathisant:innen verhindert, dass der Politische Aschermittwoch von Aras' Partei stattfinden konnte. "Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen von Rassisten und Antisemiten", bekräftigte die Landtagspräsidentin, die qua Amt oft genug mit welchen zu tun hat. Und von einer Partei, die millionenfache Deportationen plant, möchte sie sich die Demokratie nicht kaputt machen lassen.
Daher, berichtetet sie, seien die vielen Demonstrationen großartig, die gerade überall in der Republik Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen. "Wir müssen sehr wachsam sein", sagt die 58-Jährige über den Popularitätszugewinn faschistischer Ideen. Aber sie bleibt "insgesamt zuversichtlich". Gründe dafür sind die vielen Mosaiksteine des Engagements für eine offene Gesellschaft. Etwa eine aufgerüttelte Zivilgesellschaft, die auf die Straße geht, eine Bischofskonferenz, die sagt, überzeugte Christ:innen können nicht die AfD wählen, und jüngst auch Wirtschaftsvereine wie die Südwestmetall, die eine gemeinsame Erklärung mit der IG-Metall-Gewerkschaft verabschiedet hat – weil Rassismus mitunter Investoren verschreckt, dem Standort Deutschland schadet, und unseren Wohlstand gefährdet.
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