Sie betonen die technische Seite, doch auf der finanziellen Seite laufen bei diesem Projekt die Kosten davon. Der ursprüngliche Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro ist der Bahn längst um die Ohren geflogen.
Sie sollten die Kirche im Dorf lassen. Inzwischen sind seit der Entscheidung für S21 zwölf Jahre ins Land gezogen und trotz einer positiven Volksabstimmung vor zwei Jahren wird auf dem Rücken dieses Projektes Politik gemacht. Das ist sehr schade, weil die volle Energie nicht auf diese Jahrhundertchance für Stuttgart gerichtet wird. Schließlich gewinnt Stuttgart eine von Grund auf neu gestaltete Fläche von über 100 Hektar mitten im Zentrum.
Müssten Sie nicht selbst viel mehr Energie für Transparenz aufbringen?
Wir sind nicht untätig. Wir haben erst vor einigen Wochen anlässlich des Tunneldurchschlags auf der Schwäbischen Alb gemeinsam mit unseren ARGE-Partnern und der Deutschen Bahn ein Journalistenseminar veranstaltet und uns dabei den durchaus kritischen Fragen der Presse gestellt. Das ist ganz offensichtlich gut angekommen. Ich denke, dies war ein klares Signal, dass wir Transparenz durch eine offene Informationspolitik sehr ernst nehmen.
In Wien bauen Sie an am neuen Hauptbahnhof mit. Das Vorhaben ist von der Größe durchaus mit Stuttgart vergleichbar. Warum ist hier von Protesten nichts zu hören?
Hier gab es anfangs auch Proteste, doch die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben von Anfang an eine alles umfassende Kommunikationsstrategie entwickelt. Alle Beteiligten haben sich an einen Tisch gesetzt und haben in relativ kurzer Zeit die Probleme gelöst. Heute kommen Schulklassen auf die Baustelle, und wir können die jungen Menschen für diese Ingenieurleistung begeistern. In Stuttgart war sicher ein Problem auch die Tatsache, dass S 21 zum Spielball der Politik wurde.
Sind Sie und Ihre Landsleute in Bausachen so etwas wie Besser-Ösis?
Ich bin kein Besser-Ösi! Ich bin nur der Vorstandsvorsitzende eines Bauunternehmens, das vieles selbst baut: Tunnel, Brücken, Straßen, aber auch Bahnhöfe, Flughäfen, Krankenhäuser oder Pflegeheime. Und ich sehe vor allem in Deutschland die große Chance, als Generalunternehmer verstärkt aufzutreten. Gerade haben wir in Düsseldorf eine Niederlassung eröffnet.
Aber erst einmal müssen Sie die Großbaustelle Stuttgart stemmen. Wie erleben Sie persönlich die Debatte um dieses Projekt?
Früher wurde jedes Infrastrukturprojekt gutgeheißen. Das hat sich massiv geändert. Heute spielen alle Pros und Kontras in die Bewertung hinein. Aber Sie haben es auch zum Teil mit professionellen Neinsagern zu tun. Das ist wie bei der Windkraftdiskussion. Jeder schreit danach, aber nur nicht im eigenen Garten. Die Deutsche Bahn erlebt bei dem S-21-Projekt eine Politik der Nadelstiche. Ich will Ihnen nur ein Beispiel nennen: So können wir nicht direkt an der Baustelle in Stuttgart Tunnelelemente produzieren, sondern müssen diese Elemente aus großer Entfernung herantransportieren, weil wir in Stuttgart keine Genehmigung bekommen haben. Die Bahn hat es mit einem politischen Kleinkrieg aus diversen Themen zu tun. Wer dann die damit verbundenen Kostensteigerungen am Ende an der Deutschen Bahn abputzen will, macht es sich zu einfach.
Stuttgart 21, Elbphilharmonie Hamburg, Flughafen Berlin – die prominentesten Baustellen Deutschlands sind pleiten-, pech- und pannenbehaftet.
Viele Großprojekte mit einer qualitätvollen Planung werden auch in Deutschland vertragsgemäß erledigt. Häufig gilt leider bei der Vergabepraxis, dass nicht der Beste, sondern der Billigste den Auftrag gewinnt. Da kann ich nur sagen: You always get what you pay for. Dann werden viele Projekte in viele Kleingewerke unterteilt, und daraus entwickelt sich ein Problem beim Management der Schnittstellen. Unter diesen Voraussetzungen funktioniert die Planung nicht. Und wenn die Planung nicht funktioniert, wie soll dann der Bau funktionieren?
Was kann man da dagegen tun?
Wir machen die Erfahrung, dass die Kostenschätzungen grundsätzlich zu tief angesetzt sind und es daher bei unerwarteten Änderungen zu Mehrkosten und damit natürlich zu Preissteigerungen kommt. Nur mit penibler Kalkulation im Vorfeld und absoluter Kostenwahrheit verhindern Sie Flops. Flopvermeidung ist ein wesentlicher Teil unserer Unternehmenskultur. Deshalb leisten wir uns auch den Luxus, Aufträge nicht anzunehmen. Es gibt solche Projekte – auch in Deutschland –, da werden Sie nur ausgequetscht. Ich sage: Kenne deinen Markt und kenne deine Kunden!
Auf welchem Markt baggert Porr als Nächstes?
Wir haben nach rund dreijähriger Vorbereitungszeit die ersten sehr attraktiven Aufträge in Katar erhalten.
11 Kommentare verfügbar
Kornelia
am 11.12.2013Vielleicht solltet ihre lieber weiterhin indirekte Artikel machen, da könnt ihr besser kritisch begleiten!
Ihr macht mit der Aussage Politik!
Was ist da bei Euch los? War Dietrich zu Gast? Oder habt ihr mit Oettinger…