Beim Nürnberger Ärzteprozess 1946/47 vor dem Military Tribunal I fehlt der Name Josef Mengele. Obwohl er bereits 1945 auf den Kriegsverbrecherlisten geführt und bei den Amerikanern zeitweise unter falschem Namen interniert ist, kann er sich verstecken. In Oberbayern auf einem Bauernhof. Mitte der 50er-Jahre fühlt sich Mengele so sicher, dass er bei der deutschen Botschaft in seinem Fluchtort Buenos Aires einen Pass beantragt und ihn anstandslos erhält.
Erst 1958, als ihn seine Familie im schwäbischen Günzburg nach einem Hinweis der örtlichen Polizei über Ermittlungen der deutschen Behörden informiert, flüchtet der ehemalige SS-Mann nach Paraguay. Der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, ein Schwabe wie Mengele, übernimmt ein halbes Jahr später alle Auschwitz-Straftaten. Der aus Stuttgart stammende Jurist will Mengele zusammen mit anderen prominenten Tätern möglichst rasch vor Gericht bringen. Und er kann sich bereits auf ein Dossier des früheren KZ-Häftlings Hermann Langbein stützen. Der Generalsekretär des Internationalen Auschwitzkomitees hatte es beim Bonner Justizministerium abgegeben – samt Wohnadresse in Argentinien. Als damaliger Lagerschreiber kannte Langbein den Mediziner, der den Doktortitel erworben hatte.
Doch als der Auschwitzprozess am 20. Dezember 1963 im Frankfurter Römer beginnt, lebt Mengele unter dem Namen Fritz Hochbichler unerkannt in Brasilien. Auch der israelische Geheimdienst Mossad, der den Organisator der Juden-Deportation, Adolf Eichmann, drei Jahre zuvor in Argentinien entführt und nach Jerusalem gebracht hatte, interessiert sich für den ehemaligen KZ-Arzt nicht mehr, obwohl man ihm angeblich dicht auf der Spur war. Doch Israel will nicht ein zweites Mal wegen einer völkerrechtswidrigen Entführung weltweit an den Pranger gestellt werden.
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