Im Regierungspräsidium Stuttgart dagegen scheint von Entwarnung keine Rede zu sein, noch immer gibt es dort keine stichhaltige Erklärung, wo die Quelle dieser Kontaminationen zu finden ist. Trotz inzwischen angeordneter Depositionsmessungen und Bodenproben: Es bleibt ein Rätsel. Wobei auf der Hand liegt, dass es einen Zusammenhang mit der Chemieschleuder am Neckar geben muss, die in der Vergangenheit schon häufig für gravierende Umweltschäden in und um Bad Wimpfen gesorgt hat. Fütterungsverbote in der Landwirtschaft, Ernteverbote in Kleingärten, absterbende Blätter und Nadeln an Bäumen und Sträuchern: Wie ein roter Faden ziehen sich die Nachrichten seit Jahrzehnten durch die Geschichte von Solvay in Bad Wimpfen.
Insofern konnte man den Stein förmlich plumpsen hören, der den Behörden vom Herzen fiel, als sie die Nachricht vom bevorstehenden Ende der TFA-Produktion vernahmen – Problem beseitigt, trotz jahrelanger Untätigkeit. Von wegen beseitigt! Es ist vielmehr wie weiland beim Zauberlehrling: "Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los." Ein von Menschen gemachtes Problem, dessen Auswirkungen uns mindestens die nächsten 50.000 Jahre erhalten bleiben wird. Mitsamt der Frage, an welchem Flecken der Erde denn jetzt diese Ewigkeitschemikalien produziert werden, die im Lauf der Zeit häufig zu TFA zerbröseln. Die Spuren führen nach Südkorea und China. Für viele dieser PFAS gibt es zwar mittlerweile Alternativen. Allerdings sind diese oft etwas teurer – und solange es nur darum geht, im Wahnwitz der Gewinnmaximierung so billig wie möglich zu produzieren, sägt man lieber weiter an genau jenem Ast, auf dem wir selbst sitzen.
Auch in Bad Wimpfen geht es munter weiter: Kaum war das Ende der TFA-Produktion bekannt gegeben, da ploppte durch einen ZDF Bericht schon der nächste Solvay-Skandal auf. Seit Jahren ist hier – ohne dass es den Behörden aufgefallen wäre – das Klimakillergas Schwefelhexafluorid SF6 unkontrolliert aus den Rohren geströmt: Anstelle der von Solvay angegebenen 56 Kilogramm haben Wissenschaftler der Universität Frankfurt 30 Tonnen pro Jahr berechnet, von einem Stoff, der 24.000-mal schädlicher ist als CO2. Umgerechnet sind das 729.000 Tonnen CO2.
Das Regierungspräsidium Stuttgart hat nach jahrelangem Zögern nun endlich Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Und Solvay? Will dagegen klagen. Die Zauberlehrlinge köcheln munter weiter.
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