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Ewigkeitschemikalien

Die Zauberlehrlinge

Ewigkeitschemikalien: Die Zauberlehrlinge
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In diesem Jahr landete Bad Wimpfen in den Schlagzeilen – weil dort die Chemiefabrik Solvay massenhaft Ewigkeitschemikalien freisetzt. Kaum wurde bekannt, dass die TFA-Produktion beendet werden soll, kocht der nächste Solvay-Umweltskandal hoch.

Mehrfach hatte Kontext auf die Umweltsauerei hingewiesen: Jetzt soll laut einer Ankündigung des Fluorchemieproduzenten Solvay Anfang dieses Jahres Schluss sein mit der Produktion von Trifluoracetat (TFA) und folglich auch mit dem Verklappen von Ewigkeitschemikalien in den Neckar bei Bad Wimpfen. Einerseits eine gute Nachricht, andererseits wird das Zeug aber noch jahrtausendelang die Umwelt und die Gesundheit belasten, genauso wie viele andere Stoffe aus der riesigen Familie der PFAS (Per-und Polyfluorierte Alkylverbindungen).

In Bad Wimpfen war die Kontamination des Neckars – und somit der Trinkwasserressourcen der flussabwärts gelegenen Gemeinden – lange kein Thema, das den Bürgern in der schönen Kaiserpfalz den Schlaf geraubt hätte. Dumm nur, dass vor einem knappen Jahr plötzlich exklusiv in "Kontext" die Meldung aufploppte, in den Oberflächengewässern von Bad Wimpfen seien TFA-Konzentrationen von bis zu 320 Mikrogramm gemessen worden. Seitdem ist Unruhe zu spüren – und das, obwohl Wimpfens Bürgermeister, der die Chose zunächst in nichtöffentlicher Sitzung unter der Decke halten wollte, kräftig abwiegelte. Alles im grünen Bereich.

Ausgabe 732 vom 09.04.2025

Gift im Wasser und das Schweigen der Ämter

Von Gunter Haug

In Bad Wimpfen und Untereisesheim werden in Quellen, die für das Trinkwasser genutzt werden, seit Wochen extrem überhöhte Werte der gesundheitsschädlichen PFAS-Ewigkeitschemikalie Trifluoracetat (TFA) nachgewiesen. Und die Bürger:innen wissen von nichts.

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Im Regierungspräsidium Stuttgart dagegen scheint von Entwarnung keine Rede zu sein, noch immer gibt es dort keine stichhaltige Erklärung, wo die Quelle dieser Kontaminationen zu finden ist. Trotz inzwischen angeordneter Depositionsmessungen und Bodenproben: Es bleibt ein Rätsel. Wobei auf der Hand liegt, dass es einen Zusammenhang mit der Chemieschleuder am Neckar geben muss, die in der Vergangenheit schon häufig für gravierende Umweltschäden in und um Bad Wimpfen gesorgt hat. Fütterungsverbote in der Landwirtschaft, Ernteverbote in Kleingärten, absterbende Blätter und Nadeln an Bäumen und Sträuchern: Wie ein roter Faden ziehen sich die Nachrichten seit Jahrzehnten durch die Geschichte von Solvay in Bad Wimpfen.

Insofern konnte man den Stein förmlich plumpsen hören, der den Behörden vom Herzen fiel, als sie die Nachricht vom bevorstehenden Ende der TFA-Produktion vernahmen – Problem beseitigt, trotz jahrelanger Untätigkeit. Von wegen beseitigt! Es ist vielmehr wie weiland beim Zauberlehrling: "Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los." Ein von Menschen gemachtes Problem, dessen Auswirkungen uns mindestens die nächsten 50.000 Jahre erhalten bleiben wird. Mitsamt der Frage, an welchem Flecken der Erde denn jetzt diese Ewigkeitschemikalien produziert werden, die im Lauf der Zeit häufig zu TFA zerbröseln. Die Spuren führen nach Südkorea und China. Für viele dieser PFAS gibt es zwar mittlerweile Alternativen. Allerdings sind diese oft etwas teurer – und solange es nur darum geht, im Wahnwitz der Gewinnmaximierung so billig wie möglich zu produzieren, sägt man lieber weiter an genau jenem Ast, auf dem wir selbst sitzen.

Auch in Bad Wimpfen geht es munter weiter: Kaum war das Ende der TFA-Produktion bekannt gegeben, da ploppte durch einen ZDF Bericht schon der nächste Solvay-Skandal auf. Seit Jahren ist hier – ohne dass es den Behörden aufgefallen wäre – das Klimakillergas Schwefelhexafluorid SF6 unkontrolliert aus den Rohren geströmt: Anstelle der von Solvay angegebenen 56 Kilogramm haben Wissenschaftler der Universität Frankfurt 30 Tonnen pro Jahr berechnet, von einem Stoff, der 24.000-mal schädlicher ist als CO2. Umgerechnet sind das 729.000 Tonnen CO2.

Das Regierungspräsidium Stuttgart hat nach jahrelangem Zögern nun endlich Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Und Solvay? Will dagegen klagen. Die Zauberlehrlinge köcheln munter weiter.

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