"Ohne den ARD-Film 'Hungerlohn am Fließband' wären wir heute bei Daimler längst nicht so weit", sagt Christa Hourani. Die Stuttgarter Betriebsrätin war selbst einmal über einen Werkvertrag für den Autobauer tätig und setzt sich seit Jahren für Leih- und Werkvertragsbeschäftigte ein. Mit wenig Erfolg. "Doch seit Mai standen Geschäftsleitung und Betriebsrat unter Handlungsdruck", sagt die gelernte Programmiererin. Auch der Besuch von Fahndern der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung" habe Wirkung gezeigt, ergänzt der Techniker Georg Rapp, der früher mit einem Werkvertrag in der Entwicklung gearbeitet hat und jetzt ebenso fest angestellt ist.
Nach den Publikationen in Folge der ARD-Enthüllung trauten sich betroffen Leiharbeiter und Leihingenieure ihr Rechte einzufordern oder vor dem Arbeitsgericht auf Festanstellung zu klagen. In zwei Stuttgarter Fällen klagte der Betriebsrat wegen illegaler Werkverträge. Und in den Daimler-Werken in Bremen, Sindelfingen und Wörth am Rhein kam es wegen drohender Fremdvergabe über Werkverträge zu kurzfristigen Arbeitsniederlegungen.
Kurz vor Weihnachten hat Daimler dann für einen Stuttgarter Unternehmensteil mit rund 13 000 Beschäftigten zugesichert, dass von den etwa 2 000 Werkverträgen rund die Hälfte umgewandelt werden. Die Betroffenen, so Betriebsrätin Christa Hourani, sollen als Leihkräfte arbeiten, was ihren rechtlichen und finanziellen Status verbessern würde. Nicht zuletzt weil es dafür inzwischen einen Tarifvertrag gibt. Eine ähnliche Regelung gibt es für Sindelfingen, wo 39 000 Menschen Pkw montieren oder in wichtigen Entwicklungsabteilungen arbeiten. Nun sollen zumindest 1 400 Werkverträge umgewandelt werden.
Daimler-Chef Dieter Zetsche setzt aber weiterhin auf Werkverträge und damit, wie die Betriebsräte kritisieren, auf zum Teil extrem unterschiedliche Löhne und Gehälter für die gleichen Arbeiten. Nicht einmal die vom Gesamtbetriebsrat geforderte vollständige Anwendung der entsprechenden Branchentarifverträge für die Betroffenen wollen Zetsche und Arbeitsdirektor Wilfried Porth anwenden. Stattdessen bemühe man sich, sagt Georg Rapp, die Werkverträge in den Werken und Büros so zu formulieren und so umzusetzen, dass sie juristisch wasserdicht sind. So gebe es für Daimler-Beschäftigte ein Sprechverbot mit Werkvertragsleuten für alle Fragen, die die Arbeit betreffen. Grund: Sie dürfen keine Anweisungen ihrer Daimler-Kollegen entgegennehmen.
Damit die zunehmende Fremdvergabe mittels Werkvertrag und die zum Teil immensen Lohnunterschiede endlich gestoppt werden, müsse man nicht nur auf den Daimler-Konzern, sondern auch auf die Politik Druck ausüben, sagen die Betriebsräte Georg Rapp und Christa Hourani. Doch große Hoffnungen setzen sie in die große Koalition und ihre neue Arbeitsminister nicht.
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Ulrich Frank
am 06.01.2014