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Hotzenblitz!

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Es ist nicht leicht, in Berlin grün anzukommen, schon gar nicht als Schwabe. Das stellt Peter Friedrich (Bild) fest, der neue Bundesratsminister aus Baden-Württemberg. Der ist ja auch SPD-Mann und Badener.

Gestartet ist der neue grün-rote Bundesratsminister Peter Friedrich art-, form- und programmgerecht in Berlin. Natürlich nicht in seiner vom Vorgänger Professor Reinhart hinterlassenen Dienstlimousine, einem Mercedes 320 S. SonDer neue Bundesratsminister Peter Friedrich (Mitte) neben dem Wirtschaftsminister Nils Schmid (vorne). Foto: Jo Röttgersdern in einem weißgrünen Elektro-Smart, von denen die Landesvertretung gleich zwei Modelle besitzt. Damit will die neue Landesregierung auch in Berlin Vorbild für die Umsetzung nachhaltiger Mobilität sein. Na ja.

Linientreu setzte sich der SPD-Mann Friedrich – auch die SPD ist schließlich für weniger Umweltverschmutzung – in den landeseigenen Smart, ließ ihn zuvor mit dem Aufkleber "Smarter – Elektromobilität aus Baden-Württemberg" schmücken und klebte noch einen kleineren Aufkleber dazu, der prahlte: "Wir können alles außer Hochdeutsch."

Was den Berlinern natürlich nicht verraten wurde: dass Friedrich überhaupt kein Schwoob ist, sondern aus Karlsruhe stammt und damit ein waschechter badischer Freigeist ist, SPD-Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Konstanz war und diesen Job jetzt aufgegeben hat, weil man nicht gleichzeitig diätenversorgt im Bundestag sitzen und für eine Landesregierung mit Ministergehalt in Berlin aktiv sein kann.

Rotwein aus dem Breisgau statt schwäbischem Trollinger

Unübersehbar war indes die badische Abstammung Friedrichs beim ersten Auftritt vor der Hauptstadtpresse in Berlin: Es gab keinen württembergischen Roten mehr, sondern einen trinkbaren badischen Rotwein aus der Freiburger Gegend. Friedrichs Vorgänger hatten bei allen Festivitäten stets vor allem Trollinger ausschenken lassen, was das Berliner Politpublikum zuweilen schmerzlich die Züge verziehen ließ.

Überraschend an der politischen Premiere Friedrichs vor der Hauptstadtpresse war indes sein Geständnis, er sei an diesem Tag – in Stuttgart war soeben die Regierungserklärung verlesen worden – mit seinem Dienst-Mercedes nach Berlin gefahren. "Ja, sind Sie denn kein Grüner?", lautete eine der ersten Fragen an den Berliner Neuling mit der eigenwilligen grünroten politischen Einfärbung. Fährt ohne jede Rücksicht auf Umweltschutz und weniger CO2-Ausstoß zum Dienst nach Berlin! Das darf doch nicht wahr sein!!

Kein Grüner? Nein, natürlich nicht, zumindest im Prinzip, da der Minister schließlich ein SPD-Parteibuch in der Tasche trägt. Wie schön, dass es an diesem Tag eine isländische Vulkanaschewolke gab, die alle Flüge aus dem Süden nach Berlin stoppte. Man konnte im Daimler fahren, habe natürlich alle Tempolimits eingehalten, was bei einer Fahrzeit von fünfeinhalb Stunden für Kenner der über 600 Kilometer langen Strecke eher unwahrscheinlich klingt. "Wir sind sehr human gefahren", versicherte Friedrich, und auf dem Rücksitz habe er, wie es sich gehört, in aller Ruhe Akten aufarbeiten können. Wie man sieht: auch badische Schwoobe schaffet immer!

"Ich hab daheim kein Fernsehen und trink nur stilles Wasser"

Der Sozi Friedrich versicherte den Journalisten ein bisschen holprig, er sei gerne bereit, "die Rolle eines bocksbeinigen Landes in Berlin zu übernehmen". Auf die direkte Frage, ob er denn kein Grüner sei, antwortete der Sozialdemokrat Friedrich mit Argumenten, die ein Gerhard Schröder niemals benutzt hätte: "Ich hab daheim kein Fernsehen, und ich trink nur stilles Wasser." Sind so die schwäbischen Sozis? Friedrich jedenfalls versicherte, seine Neugier auf Berlin sei ebenso groß wie seine Gesprächsbereitschaft, im "Bundesrat für neue Mehrheiten zu sorgen".

Bemerkenswert auch sein Bekenntnis zur Landesbrauerei Rothaus, bei der derzeit noch der Schäuble-Bruder Thomas (CDU) das Sagen hat. Das Bier sprudle gutes Geld in die Landeskasse, auch deshalb, so Friedrich, "weil man bei Rothaus nichts falsch machen kann".

Einen sehr speziellen Aspekt bekam an diesem Abend in der Landesvertretung die Frage, wie eigentlich ein guter Grüner sei, erst, als man auf den neuen Ministerpräsdienten Winfried Kretschmann zu sprechen kam. Der sei doch gar kein echter Grüner, hieß es sogleich in der fröhlichen Runde der Journalisten. Der habe sich doch, so berichtete einer der Schreiberlinge, der für eine der auflagenstärksten Zeitungen des Landes in Berlin arbeitet, bei seinem letzten Skiurlaub im österreichischen Gargellen jeden Morgen vom Hotel aus mit dem Auto zum höchstens 250 Meter entfernten Skilift fahren lassen.

Der Sohn hätte lieber einen Porsche als Dienstwagen

Wie zu sehen: es ist nicht leicht, in Berlin grün anzukommen, schon gar nicht als Schwabe. Zumal, wenn man zugibt, wie Friedrich, dass auch sein siebenjähriger Sohn seinen Dienstwagen nicht schätzt. Das sei ja nicht mal ein Porsche, urteilt der Ministersohn abschätzig, verrät Friedrich, der auch zugibt, für einen rein grünen Bevollmächtigten des Landes "wäre es sehr einsam in Berlin".

Dem ließe sich vielleicht entgegenarbeiten, nähme Friedrich die Daimler-Missachtung seines Zöglings politisch ernst. Dann müsste er sich für seine Berliner Bundesrats-Geschäfte alsbald einen "Hotzenblitz" zulegen. Kennen Sie nicht, den Hotzenblitz? Der war vor 15 Jahren eine Sensation auf dem Markt für Elektroautos. Das Mobil sieht aus wie eine Kopie des Smarts, mit dem Friedrich heute zum Bundesrat fährt. Genial kopiert. Das Gefährt verdient die besondere Aufmerksamkeit eines Ministers, der das Land Baden-Württemberg in Berlin und in der Autoindustrie gut verkaufen soll.

Der Hotzenblitz fährt jedem ICE davon - könnte man jedenfalls meinen.

Entwickelt wurde das Auto einst im südbadischen(!) Örtchen Ibach, im Hotzenwald gelegen, vom Ingenieur Thomas Albiez. Sein Lebenswerk ist geprägt vom badisch-schwäbischen Tüftlergeist, so sehr, dass die baden-württembergische Autoindustrie, trotz ihres weltweiten Ansatzes, der heimischen Autoindustrie drohte, sie werde künftig von der ertragreichen Zulieferung etwa an Daimler ausgeschlossen, wenn sie mit dem Hotzenblitz weiterhin Geschäfte mache. Sagt zumindest Albiez, dessen Lebenswerk der Hotzenblitz inzwischen ist.

Sein moderner Hotzenblitz hat bis zu 300 Kilometer Reichweite, die auf 400 Kilometer erweitert werden kann, hat eine garantierte Lebensdauer von 25 Jahren und ist 10 000 Euro billiger als vergleichbare E-Autos aus europäischer oder japanischer Produktion. Der Hersteller sucht derzeit Standorte für die Serienproduktion in Baden-Württemberg.

Ein Hersteller aus Österreich setzt auf Unterstützung aus Stuttgart

Ein wirtschaftliches Risiko wäre es kaum. Der ersten Anlaufserie des Hotzenblitzes stehen rund 7000 Kundenanfragen gegenüber, fast 1000 Händler haben sich bereits um den Vertrieb beworben. Der Hersteller MPF im österreichischen Villach hofft auf die Unterstützung der grün-roten Landesregierung. 

Und das erinnert ihn vielleicht daran, dass in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre ein anderes Elektroauto, der erste Hotzenplotz, durchs damalige Regierungsviertel in Bonn kurvte und dann von den Grünen mit dem Argument abgeschmettert wurde, den Hotzenplotz könne man nicht akzeptieren, weil er vom österreichischen Unternehmer Steyr-Daimler-Puch in Österreich gebaut werde, der auch Panzergetriebe produziere. "Wir werden jetzt sehen", so Albiez heute, "was den Grün-Roten in Stuttgart die E-Mobilität wirklich wert ist, zu der sie sich laut bekennen."

Friedrich selbst zum Beispiel könnte das Kultauto Hotzenblitz ab nächster Woche in Friedrichshafen im Rahmen der Ausstellung Electric Avenue besichtigen. Am besten zusammen mit dem Sohnemann. Damit der seinen Porsche-Traum endlich vergisst.


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5 Kommentare verfügbar

  • Albiez
    am 11.09.2012
    Antworten
    sehr geehrter rudi r,
    sehr geehrte Damen und Herren

    herr rudi r es wäre mir lieber sie würden eine richtige E-Mail Adresse verwenden. Und Ihren Namen zu Ihren Verleumdungen bekannt geben. Zu Ihrer Info wir, hatten die erste O-Serie in Suhl gebaut.
    Es gab dann interne uneinigkeit. der Firma ging…
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