Die lokale Presse, insbesondere die "Badische Zeitung", aber auch die "Rheinpfalz" aus Ludwigshafen und andere, verfolgt solche Geschehnisse mit großer Anteilnahme, ebenso wie die Musikzeitschriften. Der SWR selbst übt wesentlich mehr Zurückhaltung. Fahrgästen der Stuttgarter Stadtbahn blickt aus vielen Leuchtkästen Stéphane Denève entgegen, der fotogene Chefdirigent des Stuttgarter Rundfunksinfonieorchesters (RSO). Auf der Homepage des SWR kann man nachlesen, dass der frühere Chefdirigent des SO, Michael Gielen, einen Preis für sein Lebenswerk erhielt. Dass er die Fusion als "Barbarei" bezeichnet, nicht. Fast grotesk mutet es an, wie der SWR über <link http: www.swr.de orchester-und-ensembles so id="788382/nid=788382/did=11352752/1vaftfw/index.html" _blank>die Verleihung des Ehrenpreises der deutschen Schallplattenkritik an das SO berichtet und dabei die <link http: www.youtube.com _blank>harschen Worte der Juryvorsitzenden Eleonore Büning sorgsam ausspart.
Um 15 Prozent muss der SWR seinen Etat bis 2020 zurückfahren. Während aber Unterhaltung und Sport ausgenommen bleiben, soll der Kulturbereich um 25 Prozent schrumpfen: Wenn nun die beiden baden-württembergischen Orchester ihren Etat jeweils um ein Viertel reduzieren, bleiben theoretisch anderthalb Orchester übrig. So kann der SWR auf Entlassungen verzichten. Aber in der Realität gibt es dann nur noch ein Orchester – langfristig entfallen damit sogar 50 Prozent der Ausgaben. Intendant Boudgoust hat dafür eine Begründung: "Millionen Sportbegeisterte subventionieren also de facto mit ihrer Gebühr Kulturprogramme und auch Orchester, die vergleichsweise nur für eine Minderheit interessant sind." Eine Minderheit: Die Konzerte des SO sind zu 95 Prozent ausgelastet. Auch das Klischee, zeitgenössische Musik erreiche nur eine kleine Zuhörerschaft, trifft längst nicht mehr zu. Die Konzerte der Donaueschinger Musiktage sind regelmäßig früh ausgebucht. 10 000 Besucher sind im vergangenen Jahr zu dem viertägigen Festival gekommen. Allerdings bleibt das Publikum von Orchesterkonzerten immer begrenzt: auf die Zahl der Plätze im Saal.
Die Politik duckt sich weg
Ob Boudgousts Behauptung zutrifft, dass Sportfans die Orchester subventionieren, darf getrost bezweifelt werden. Schließlich erhält der Sender auch Sponsorengelder und Werbeeinnahmen. Eine kürzlich veröffentlichte Doktorarbeit einer NDR-Mitarbeiterin widerspricht jedenfalls den Darstellungen der Rundfunksender – und die Zahlen des SWR sind nicht öffentlich. Jedenfalls hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch einen Kulturauftrag, den er immer weniger erfüllt: "Ein Verfassungsauftrag und Grundlage für die Existenzberechtigung des öffentlich-rechtlichen Systems", wie der frühere Innenminister Gerhart Baum moniert. Denn nur weil sie sich vom privaten Rundfunk unterscheiden, sind die Sender berechtigt, Rundfunkgebühren zu kassieren. <link http: www.heise.de newsticker meldung bayerischer-jurist-klagt-gegen-neue-rundfunkgebuehr-1668125.html _blank>Die neue Haushaltsabgabe bittet klassikbegeisterte Rundfunkhörer, die kein Fernsehgerät besitzen, sogar dreifach zur Kasse: Statt bisher 5,76 Euro zahlen sie nun wie alle anderen 17,98 Euro. Ob dies verfassungskonform ist, haben die Gerichte noch nicht entschieden. Boudgousts Aussage spricht jedenfalls für sich: Wie schon seit Jahrzehnten – das Stichwort heißt Einschaltquoten – setzt der Rundfunk auf Masse statt Klasse.
Die Politik duckt sich weg – jedenfalls bisher. Nur Freiburgs grüner Oberbürgermeister Dieter Salomon hat im vergangenen Jahr einmal einen Vorstoß unternommen: Eine finanzielle Beteiligung der Stadt sei denkbar. Nach einem Telefonat mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann soll er von weiteren Schritten Abstand genommen haben. Die Politiker pochen gern auf die Autonomie der Rundfunkanstalten. Aber unter den 74 Mitgliedern des <link http: www.swr.de unternehmen wer-uns-kontrolliert rundfunkrat-swr-mitgliederliste id="7687284/nid=7687284/did=8885934/17achml/" _blank>Rundfunkrats, der den Beschlüssen des Senders mit großer Mehrheit zugestimmt hat, befinden sich unter anderem der Kulturstaatssekretär Jürgen Walter sowie insgesamt sechs Abgeordnete des baden-württembergischen Landtags, von der CDU, der SPD und den Grünen. Keiner von ihnen hat bisher zu erkennen gegeben, dass er mit einer Fusion nicht einverstanden wäre.
Dabei widerspricht die Auflösung des Freiburger Orchesters diametral den Zielen der grün-roten Landesregierung. "Wir verstehen Bildung ganzheitlich", heißt es im Koalitionsvertrag: "Wir wollen deshalb die kulturellen und sportlichen Angebote an den Schulen ausbauen. Dazu gehören die Kooperation der Schulen mit den vielfaltigen Kultureinrichtungen des Landes sowie die Verbesserung der musikalischen Breiten- und Spitzenförderung." Kulturelle Bildung erklärt die Regierung sogar zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit.
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Das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden leistete große kulturelle Wiederaufbauarbeit nach dem verheerenden zweiten Weltkrieg. Die engagiertesten Dirigenten leitetenund leiten es mit den tollsten Programmen. Gestern hatte ich gerade wieder einmal die Gelegenheit, dieses sagenhafte "Monument" zu hören.…
Kommentare anzeigenMax Bühlmann
am 05.11.2013