Seit vergangenem Juni läuft die Ausstellung "Freiburg und Kolonialismus" im dortigen Augustinermuseum. Parallel dazu gab es bis vor Kurzem im Museum Natur und Mensch "Handle with care. Sensible Objekte der ethnologischen Sammlung" zu sehen. Beide Ausstellungen bewegen sich in einem Spannungsfeld: Denn die Auswirkungen des Kolonialismus sollen beleuchtet werden, ohne dabei Stereotypen weiter zu tradieren. Entsprechend sensibel ist der Umgang mit den ausgestellten Objekten: Vielen müssen sich Besucher:innen erst annähern, um sie beispielsweise in einem Kasten zu betrachten.
In beiden Museen sind oder waren Bronzeplatten aus dem nigerianischen Königreich Benin ausgestellt. Seit dem Start im Juni ist hier einiges in Bewegung geraten: Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) haben eine Vereinbarung zur Rückgabe von Benin-Bronzen unterzeichnet. Im Dezember hat das Land Baden-Württemberg dem nigerianischen Staat die ersten von 70 Objekten zurückerstattet, darunter eine Elfenbein-Maske aus dem Stuttgarter Linden-Museum.
Die Freiburger Benin-Bronzen sind bislang nicht zurückgegeben worden. Sie gehören nicht dem Land, sondern der Stadt Freiburg, die sich in einer Gemeinderatssitzung am 7. März mit dem Thema beschäftigen wird. Das Museum Natur und Mensch hat eine Empfehlung ausgearbeitet, die eine Restitution unterstützt, und ist schon früh dem Aufruf gefolgt, seine Bestände der im August 2020 eingerichteten Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten in Deutschland zu melden.
Genau genommen sind die Platten weder aus Bronze, noch heißt die Stadt, aus der sie stammen, Benin: Edo im heutigen Nigeria war eine der größten Städte im präkolonialen Afrika. Der Palast des Herrschers (Oba) war geschmückt mit zahllosen Reliefs in einer Legierung, die eigentlich näher bei Messing als bei Bronze liegt. 1897 zerstörten die Engländer, denen die Unabhängigkeit des Reichs ein Dorn im Auge war, in einer "Strafexpedition" die Stadt. Die Beutekunst versteigerten sie, überwiegend an deutsche Museen. Die drei Reliefplatten im Freiburger Museum stammen allerdings von einem Sammler, der sie auch vor Ort erworben haben könnte. Ohne den britischen Angriffskrieg wären sie jedoch niemals in den Handel gelangt.
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Peter Herrmann
am 01.02.2023