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Ausgabe 146
Schaubühne

Schöne geklonte Wohnwelten

Schöne geklonte Wohnwelten
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"Ein Stück Paris mitten in Stuttgart" – so gratulierte sich im Frühjahr zur Eröffnung des Wohn- und Bürokomplexes Pariser Höfe die Bayerische Versorgungskammer, der Eigner. Und begrüßte die ersten Mieter im Quartier namens Europaviertel. Bei Quadratmetermietpreisen zwischen 11 und 14 Euro kalt ist Exklusivität Programm. Exklusiv ist derweil die Gestaltung des Viertels nicht, eher irgendwie eintönig. Als Heimspiel hatte Rudi Häussler, der bevorzugte Projektentwickler von Ex-OB Wolfgang Schuster, zudem den Seepark in Stuttgart-Möhringen ersonnen. Häussler ging pleite, den Seepark stellen inzwischen zwei Wohnbauunternehmen der Region fertig. Impressionen von Fotograf Thomas Hörner, begleitet von der Architektin und Stadtforscherin Yvonne P. Doderer und Kontext-Mitarbeiter Max Fastus.

Den Run auf das Betongold in dem sogenannten A-1-Areal heizen Projektentwickler, Immobiliengesellschaften, Fondsgesellschaften und Banken an: Ausverkauf an die Meistbietenden.
Die Pariser Höfe, Wohnadresse in Stuttgarts Immobilien-Wunderland namens Europaviertel. Laut Baubürgermeister Matthias Hahn ein "Musterprojekt kompakten innerstädtischen Wohnens". Willkommen in der Gated Comunity!
Im geschlossenen Karee vereint: 242 "Komfortwohnungen". Bei Mietpreisen zwischen 11 und 14 Euro pro Quadratmeter ist die soziale Schichtung eindeutig. Kinder sind hier eine Randgruppe.
Auf den S-21-Gleisflächen soll der Stadtteil Rosenstein entstehen. Zu besichtigen ist die schöne neue Bauwelt bereits jetzt im Seepark-Projekt in Stuttgart-Möhringen. Lockmittel ist dort das Naturdenkmal Probstsee.
Geklonte Architektur geht um: Überall und immer die ewig gleichen Gebäude. Verändert werden lediglich ein paar Parameter im computergenerierten Raster, der Rest wird übernommen.
"Das Siedlungsbauen unterscheidet sich in keiner Weise von den übrigen Fabrikationsprinzipien. Die Rolle der Architekten gerät dabei immer mehr ins Zwielicht," warnte schon 1965 Alexander Mitscherlich.
Anspruch und Wirklichkeit: Angepriesen werden "geschützte, teilüberdachte Balkone, die Freiraum im Außenbereich bieten und dennoch Privatsphäre wahren".
Auch das steht für Privatsphäre in der schönen neuen Bauwelt. Eine Terrasse, eingekeilt zwischen zwei Wohnblöcken, von schwarzen Eisenzäunen gesäumt, gerade mal so groß wie ein Bettlaken.
Zwei Blumenkästen, trotziger Wildwuchs zwischen Glas, Chrom und weißdesignter Corporate Identity.
Zu den Glasfassaden der Hochhäuser kommt die uniformierte Monotonie der Wohnblocks – so baut das schöne neue Stuttgart. Wehrburgen mit Pechnasen sehen ähnlich aus.
Der Stuttgarter Projektentwickler Rudi Häussler hatte zusammen mit einer Schweizer Versicherungsgesellschaft das im Schatten seines Firmensitzes gelegene 175-Millionen-Projekt aufgelegt – und ging pleite.
Beton boomt mit einem Zuwachs von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und die neuen Mietwohnungen? "Gebaut wird nur für Reich, nicht für Arm", mahnt der Vorsitzende des Mietervereins Stuttgart, Rolf Gaßmann.
Angesichts solch ernüchternder realer Bauwelt klingt die Einladung der Stadt Stuttgart zur Bürgerbeteiligung an der Gestaltung des S-21-Stadtteils Rosenstein realitätsfremd. Oder gar zynisch?
Die GWG-Gruppe im Finanzverbund der Volk-und Raiffeisenbanken als neuer Investor baut derzeit die letzten sieben Gebäude mit 195 Mietwohnungen. Kosten- und flächensparend stehen die Bauten dicht an dicht.
Schnell noch Rendite machen. Die Flucht ins Betongold bedeutet überhitzte Wohnungspreise, die vielleicht schon morgen nicht mehr zu halten sind: Immobilienblase lautet das Angstwort.
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5 Kommentare verfügbar

  • roger hahn
    am 19.01.2014
    Antworten
    Überall enstehen mittlerweile Neo-Borgate oder Shopping-Malls: Böblingen/Sindelfingen mit dem Flugfeld und Mercaden, Stuttgart mit Das Gerber, Milaneo undundund. Architektur findet hier - wie fast überall - schon lange nicht mehr statt. Profitstreben, Renditeerwartungen der Investoren und schlichte…
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