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Geheimnis des Lebens

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"Verwundert werden sich die Leserinnen und Leser die Augen reiben: ein Sammelsurium an Fragen? Davon habe ich doch selber schon genug. Wo bleiben die Antworten?", fragt der Betriebsseelsorger Paul Schobel. Zu Weihnachten machen er und Kontext-Fotograf Joachim E. Röttgers sich auf die Suche nach dem Sinn und Unsinn des Lebens. Antworten finden muss der Schaubühne-Schauer aber selbst.

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Eine Frage ist eine "Äußerung zur Beseitigung einer Wissenslücke", meint ein schlaues Lexikon und schießt damit eindeutig zu kurz. Wenn's nur um eine "Wissenslücke" ginge – da könnte man sich behelfen. In Wirklichkeit aber ist unser ganzes Leben ein einziges Fragezeichen. Die intensive Suche nach Sinn mündet meistens in der "Sinnfrage" – sie bleibt weitgehend unbeantwortet. Auch die Zunft der Theologen vermag nicht mehr, als die "Gottesfrage" immer wieder neu anzugehen und von verschiedenen Seiten her zu beleuchten.

"Zu fragen bin ich da, nicht zu antworten", meint der norwegische Schriftsteller und Dramatiker Henrik Ibsen, und ich vermute, er hat recht! Leben ist frag-würdig, in des Wortes doppeldeutigem Sinn. Leben ist es wert, nachgefragt zu werden. Es ist anstrengend, aber lohnend. Mütter und Väter mit Kindern im 'Warum'-Alter wissen ein Lied davon zu singen. Die süßen Kleinen lassen nicht locker und nerven bis zur Weißglut. Damit zwingen sie uns, nach passablen Antworten zu suchen oder aber – Fragen offenzulassen. Das ist für Kinder eine der wichtigsten Erfahrungen, dass ihre Eltern auch nicht allwissend, sondern selbst Fragende geblieben sind. Wir sind Suchende, vom ersten bis zum letzten Atemzug. Alle Fragen sind die kleinen Geschwister der großen Fragen nach dem Woher und Wohin. 

Der Kapitalismus verkürzt die Frage auf "Nach-Frage" und setzt dieser sein "Angebot" entgegen. Ein Ablenkungsmanöver, und ein gefährliches dazu! Als Kinder dieser Zeit laufen wir alle Gefahr, unser tiefstes Sinnen und Trachten, Sehnen und Fragen mit dem Surrogat des Konsums zu befriedigen.

Antworten machen satt und träge. Fragen halten uns wach und rege, so kommen wir dem Geheimnis unseres Lebens auf die Spur.

 

 

Paul Schobel hat 38 Jahre lang in der Betriebsseelsorge der Diözese Rottenburg gearbeitet, von 1991 bis 2008 war er deren Leiter. Bei den katholischen Hierarchen war er nie beliebt, bei den Malochern schon. Er hat auch schon undercover an den Werkbänken gestanden. Zum Buch "Wohin gingen an dem Abend die Maurer" von Autor Guido Lorenz und unserem Fotografen Joachim E. Röttgers hat er das Vorwort geschrieben. Kontext hat das Buch zur Schaubühne gemacht.

 


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