<link http: kontext.photoshelter.com gallery steinzeit g0000x48zc5d80es>
"Stuttgart ist bekannt für seine hohe Lebensqualität. Die reizvolle Stadtlandschaft mit Hügeln und Weinbergen hat geradezu mediterranes Flair." Das schreibt die Verwaltung auf ihrer Homepage. Oft wurde Stuttgart auch als Großstadt zwischen Wald und Reben apostrophiert. Es gibt aber auch Plätze, an denen dieses Wunschdenken abprallt, die aus dieser Marketingwelt gestrichen worden sind. Die Paulinenbrücke ist so ein Ort: Oben rauschen die Autos der Arbeitskräfte, unten ploppen die Bierflaschen und in nächster Nähe kracht die Abrissbirne in die ausgebrauchten Betonklötze. Nichts davon würde in eine offizielle Beschreibung Eingang finden, und doch gehört es zur Ländleshauptstadt. Darum, andere Bilder für die Welt zu finden als tausendfach Gesehenes und Beschriebenes, darum geht es in der Rubrik "Asphalt und Leben". Kein Gegenentwurf, sondern eine Ergänzung. Genau hinzuschauen. Differenzierte Sichtweisen.
Unser Fotograf Chris Grodotzki war zwei Tage an der Paulinenbrücke unterwegs. „Die Aussage steht bei meiner Arbeit ganz oben“, sagt er. „Würde ich rausgehen und beliebig fotografieren wollen, funktionierte das nicht.“ Grodotzki hat Aufnahmen mitgebracht, die ihre Botschaft nicht laut herausschreien. Die aber sehr wohl fragen, welcher Art von Leben man wie viel Raum zugesteht. Ein Spielplatz mit pflegeleichter Kiesunterlage? Ein Fußgängerweg zwischen Asphalt und Beton? Eine Zwei-Klassen-Klokultur? Geld oder Gestank: Für ein paar Cent im beleuchteten Rund-WC nach jedem Toilettengang die Desinfektion, für Leute ohne Cents das Klo im Kellergeschoss, Gerüche gratis.
Seine Fotos zeigen einen Mann, der bis auf den Handrücken mit Tattoos bedeckt ist, einen Totenkopf am Fingerring. „Das ist Uli, ein ganz lieber Kerl“, sagt Grodotzki. Uli mag das Leben, trotz Totenkopf. Er mag es so sehr, dass er versucht hat, ein Gebüsch an dem Bauzaun in die Höhe wachsen zu lassen. Mit nichts als kaputten Kabelbindern und einer Pflanze, die andere Unkraut nennen. Grodotzkis Bilder zeigen einen Mann von einem Essen-Lieferservice, der früher dort gearbeitet hat, wo jetzt die Bagger am Werk sind, und kurz angehalten hat, um dem Vertrauten nachzutrauern. Er fotografiert einen müden Bauarbeiter. Es kann ganz schön mühsam sein, die Zukunft zu bauen. Und er porträtiert Luigi mit seiner Gitarre. Luigi sagt, er sei so etwas wie ein Chef, weil er wisse, was abgeht. Und dann beklagt er sich, dass seine Kollegen so viel trinken.
"Erleben Sie mit, wie sich ein inspirierender Ort zum Einkaufen, Arbeiten und Wohnen entwickelt", sagt die Projektgesellschaft, die diesen neuen Ort in Stuttgarts Mitte baut. "Wenn das alles hier schöner wird, ist doch klar, dass wir da keinen Platz mehr haben." Sagt Uli, der jetzt schon an diesem neuen Ort lebt, dort, unter der Brücke.
Sandro Mattioli
<link http: kontext.photoshelter.com gallery steinzeit g0000x48zc5d80es>ZUR FOTOGALERIE
Die Seite von Chris Grodotzki: <link http: visual-rebellion.com>visual-rebellion.com
<link http:>
0 Kommentare verfügbar
Schreiben Sie den ersten Kommentar!