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Die Petition läuft

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Inzwischen haben über 1000 Menschen die Kontext-Petition unterzeichnet, die die Deutsche Bahn zur Einhaltung ihrer eigenen ethischen Unternehmensgrundsätze bewegen will. Wenn 20 000 Menschen unterzeichnen, fährt die Kontext-Redaktion nach Berlin zur Deutschen Bahn und übergibt die Forderung persönlich. Also: mitzeichnen dringend empfohlen!

Der Start war vielversprechend. Innerhalb von sechs Tagen bekam die Online-Petition mit dem bezeichnenden Titel <link https: www.openpetition.de petition online prellbock-fuer-pofalla-co-deutsche-bahn-ag-nicht-laenger-verschiebebahnhof-fuer-politiker _blank>"Prellbock für Pofalla & Co.: Deutsche Bahn AG nicht länger Verschiebebahnhof für Politiker" mehr als 1000 Unterstützer. "Wenn man bedenkt, dass die Causa Pofalla derzeit nicht im Medienfokus steht, ein schöner Erfolg", meint Kontext-Redakteur Jürgen Lessat, der die Petition auf der Internet-Plattform www.openpetition.de initiiert hat.

Doch es müssen noch mehr Mitunterzeichner werden, um ein deutliches Signal an Vorstand und Aufsichtsrat der Bahn zu senden. Damit das bundeseigene Unternehmen künftig nicht mehr als Versorgungswerk für Politiker und Beamte missbraucht wird, meint die Kontext-Redaktion, die die Petition auch als Versuch betrachtet, was sich mithilfe des grundgesetzlich verbrieften Petitionsrechts tatsächlich erreichen lässt. "Eine Petition ist umso erfolgreicher, je mehr Menschen mitunterzeichnen", sagt Erstpetent Lessat. "Unterschreiben und weitersagen", nennt der Initiator den Weg dorthin. Zur Unterzeichnung der Petition geht es <link https: www.openpetition.de petition online prellbock-fuer-pofalla-co-deutsche-bahn-ag-nicht-laenger-verschiebebahnhof-fuer-politiker _blank>hier.

Nachdem zuletzt die umstrittene Petition des Nagolder Realschullehrer Gabriel Stängle gegen Inhalte des neuen Bildungsplans, zwei Gegenpetitionen dazu sowie eine weitere Petition gegen ZDF-Moderator Markus Lanz in kürzester Zeit mehrere Hunderttausend Unterschriften erhielten, ist die Latte allerdings hoch gesetzt. Zudem setzte in Medien und Blogs eine heftige Diskussion über Online-Petitionen ein. Unerwartete Mahner meldeten sich zu Wort. Etwa der Kabarettist Dieter Nuhr, der selbst eine Petition "Gegen digitales Mobbing, binäre Erregung und Onlinepetitionswahn" startete. Ihr Inhalt versprühte allerdings zu viel satirischen Geist für die Betreiber von openpetition.de, die sie  nach wenigen Stunden stoppten. Für konservative Medien wie die "Welt" prompt ein Beleg für das "hässliche Gesicht der Netzdemokratie". Die "FAZ" sah dadurch die Frage nach dem Sinn von Online-Petitionen gestellt.

Wie fragwürdig derartige Petitions-Empörung ist, lässt sich aus der Mitteilung herauslesen, mit der Maren Müller Ende Januar die vorzeitige Beendigung ihrer Lanz-Petition begründete. "Wir wurden als Mob beschimpft, uns wurden alle möglichen niederen Beweggründe unterstellt, die Internetgemeinde wurde skandalisiert und dem Beteiligungsinstrument openPetition wurde die Seriosität abgesprochen", schrieb die Leipzigerin. Und weiter: "Massenwirksame Kritik an den Leistungen unserer Unterhaltungsexperten war doch bis dato lediglich der Journaille vorbehalten. Dass die gleichen Medien, die oft und gern Promis, PolitikerInnen und Personen des öffentlichen Lebens mit Häme überziehen (Google weiß das), in Anbetracht des Lanz-Bashing 'von unten' zu barmherzigen Samaritern mutierten, sehe ich als einen besonderen Verdienst unserer Aktion."

Auch Kontext-Redakteur Jürgen Lessat sieht den Versuch gewisser Medien und Blogger kritisch, Online-Petitionen zu diskreditieren. Vor allem weil die Kritik mit teils fadenscheinige Argumenten, etwa der viel zu bequemen und einfachen Teilnahme an digitalen Eingaben, daherkommt. "Die große Anzahl von teils sehr ausführlichen Kommentaren zu unserer Pofalla-Petition beweist das Gegenteil. Nämlich, dass sich Mitpetenten sehr genau überlegen, was sie unterzeichnen", sagt er. Würde man Aufwand als Legitimationsmaßstab anwenden, dann seien auch sämtliche Meinungsumfragen unbrauchbar. "Kein Meinungsforscher klingelt heute mehr an der Haustür des Befragten, sondern interviewt telefonisch oder elektronisch."

Tatsächlich bieten digitale Beteiligungsmöglichkeiten mehr Informationen über die Petenten und ihre Motive, als es konventionelle Unterschriftensammlungen mit Papierbögen ermöglichen. "Openpetition ermöglicht interessante Einblicke, woher die Mitzeichner kommen", erwähnt Kontext-Redakteur Lessat. So kamen relativ viele Mitpetitenten des Nagolder Realschullehrers Stängle über ein einschlägiges Internet-Portal, das rechtsradikale Inhalte verbreitet. Viele Unterzeichner fanden ihren Weg zur Stängle-Petition auch über Seiten, die von christlichen Fundamentalisten oder Scientologen betrieben werden.


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1 Kommentar verfügbar

  • Kölner
    am 08.02.2014
    Antworten
    Vielen Dank für Ihren Beitrag zu dem Thema!
    Vor allem der neue Ansatz in dem Artikel, dass man ja sogar nachvollziehen kann von welchen Medien die Zeichner zur Petition geleitet werden gibt der ganzen Diskussion eine bedeutende Facette.
    Und viele Zeichner der Petition von Maren Müller haben erst…
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