Da schöpfte der Sender mal richtig aus den Vollen. Rund 138 Millionen Euro kostete den Südwestrundfunk (SWR), pardon: den Gebührenzahler, das neue Funkhaus an der Stuttgarter Neckarstraße, das im Mai 2012 "auf Sendung" ging. Mit mehr als 51 Millionen Euro schlug allein die Sendetechnik zu Buche. Ihr Herzstück, das virtuelle Studio C, zählt zu den modernsten Nachrichtstudios in Europa. Aus der "grünen Hölle", wie das Studio wegen seiner Farbgebung genannt wird, werden seither die täglichen Fernsehnachrichten von "Landesschau aktuell Baden-Württemberg" übertragen. Gewöhnlich verrichtet dort der Moderator allein an einem rostbraunen, nierenförmigen Moderationstisch sein Nachrichtengeschäft. Kollege Computer berechnet die Studiokulisse, die aus einem plastischen Würfel als Informationsträger, virtuellen Videowänden und Stelen sowie einem künstlich wirkenden Stuttgart-Panorama mit Fernsehturm im Hintergrund besteht. Per Mausklick erscheint bei Bedarf eine virtuelle "Erklär-Ecke", aus der der Moderator dem Zuschauer auch kompliziertere Nachrichtenzusammenhänge veranschaulichen kann.
"Der SWR hat eine klar definierte Aufgabe: Er ist dafür da, die Menschen im Südwesten in Radio, Fernsehen und im Internet unabhängig von jeglicher Einflussnahme zu informieren, zu bilden und zu unterhalten. Mit dem gerade bezogenen Neubau neben dem Funkhaus im Stuttgarter Osten haben wir es nun etwas leichter, diesen hohen Ansprüchen gerecht zu werden", jubelte SWR-Intendant Peter Boudgoust zur Einweihung in einer hauseigenen Broschüre.
Wie so oft klafft jedoch auch beim SWR eine Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit, eben gerade im Nachrichtenbereich. Kritische Zuschauer wundern sich immer wieder, wie die "Landesschau aktuell"-Redaktion und ihre Moderatoren Nachrichten und Meldungen präsentieren und platzieren – oder gleich ganz unter den rostbraunen Nierentisch fallen lassen. In der Hochzeit der Auseinandersetzung um das "Bahnprojekt Stuttgart–Ulm" machten sich Stuttgart-21-Gegner mehrfach vom Hauptbahnhof zum SWR-Hauptquartier auf, um für ausgewogenere Berichterstattung zu demonstrieren. So etwas kennt man gewöhnlich nur aus totalitären Staaten mit gleichgeschalteten Medien.
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Dieter R.
am 15.10.2013