An der Tür unten prangt er, im Aufzug und an der Tür oben: der Bundesadler. Daraus ist zu schließen, dass sich dahinter ein wichtiger Mensch in einem wichtigen Raum befindet. Dahinter ist der Fußboden aus Granit, das Kaffeeservice aus Edelstahl, das Mobiliar schwarz. Alles sehr kühl, sehr aufgeräumt, sehr kontrolliert. Ein Farbtupfer findet sich hinter einem Schreibtisch, der dem Chef der Kanzlei in der Villinger Carlo-Schmid-Straße 7 gehört. Ein farbenfrohes Bild, dessen strenge Formen nur von zwei nackten Brüsten gebrochen werden. Siegfried Kauder hat es selbst gemalt. "Das hätten Sie nicht gedacht", sagt er und guckt so kühl wie das Milchkännchen von Alessi. Zu seinen Hobbys zählen die Malerei und fliegende Modellhubschrauber.
Auch an diesem Freitagmorgen ist der 62-jährige Jurist wieder wie aus dem Ei gepellt. Tailliertes Hemd, anthrazitfarbener Anzug, schwarze Schuhe. Hellwach nach einer Nacht, in der die CDU den Prozess in Gang gesetzt hat, an dessen Ende sein Rausschmiss aus der Partei stehen soll. Das Ausschlussverfahren. Noch einmal hatte er vor einer großen Schar von Journalisten wiederholt, was er in den Tagen zuvor verkündet hat. Dass die CDU ein Abnickerverein sei, ihre Abgeordneten Weicheier und sein Kreisverband Schwarzwald-Baar eine Bananenrepublik. Trotzdem wolle er weiterhin in der CDU bleiben. Es wäre ein Leichtes, jetzt zu sagen, ihr könnt mich mal, meint er. Aber nicht mit ihm, dem Hüter des Bundesadlers, der jetzt angetreten ist, das Wesensmerkmal der Demokratie zu retten: den Streit.
Zum Müsli-Frühstück mit Bahnchef Grube
Den hat er. Wolfgang Schäuble will ihn los haben, Landeschef Thomas Strobl und sein Bruder Volker auch. Er spinne, soll der Ältere gesagt haben. Und jetzt eben sein Kreisverband, dessen König er elf Jahre lang war. Elf Jahre haben sie ihm gehuldigt, weil der "Siggi" in ihren Augen ein Großer war. Wenn er ihnen vom Rechts- oder BND-Ausschuss erzählte, deren Vorsitzender er war, oder von seinen Müsli-Frühstücken mit Bahnchef Rüdiger Grube, dann leuchteten die Augen, vor allem jene der weiblichen Vorstandsmitglieder. Das konnte zwar schon mal zwei Stunden dauern, aber es war die Berliner Welt, die in den dunklen Schwarzwald strahlte.
9 Kommentare verfügbar
Wolfgang Müller
am 20.08.2013Dass Kauders nachhaltige Bemühungen, einen Gesetzesentwurf zur Abgeordnetenbestechung (*) einzubringen, im Artikel keine Erwähnung finden, wirft leider kein…