Jean Abel und Ernst Bienzle sitzen im Café Stella. Lange haben sie sich nicht mehr gesehen. Obwohl der Anwalt nach den Münchener Jahren wieder in Stuttgart lebt. Aber der Kriminalhauptkommissar i. R. genießt den Unruhestand mit seiner Hannelore längst nicht mehr nur auf der Schwäbischen Alb. Die beiden warten auf Siggi Baumeister, aber dessen Zug hat Verspätung. Das Treffen war Georg Denglers Idee. Die vier haben sich verschworen: In alter Spontimanier wollen sie bei der Preisverleihung der Stuttgarter Kriminächte 2015 im Renitenztheater die Bühne stürmen und eine Initiative starten: zur Rettung des regionalen Qualitätskrimis mit politischem Hintergrund. "Das sind wir", sagt Abel genau in jenem Moment, in dem Dengler und der Eifel-Maigret durch die Glastür kommen, "Pepe Carvalho schuldig."
Rot – rot – tot
Das waren noch Zeiten, damals Mitte der Siebziger. Kommissar Trimmel ist gerade mit dem "Taxi nach Leipzig" gefahren und unversehrt zurückgekehrt nach Hamburg. Der "Tatort" entwickelt sich rasant zum Sonntagabend-Lagerfeuer, vor dem sich die ganze Familie einfand im Acht-Wochen-Rhythmus(!). Für ein bis heute gültiges Quoten-High beim "Tatort" sorgt der Süddeutsche Rundfunk. Die Folge 83, "Rot – rot – tot", ausgestrahlt am Neujahrstag 1978, bringt es auf mehr als 26 Millionen Zuschauer oder einen Marktanteil von sagenhaften 65 Prozent. Nur noch die Älteren erinnern sich an den Hauptdarsteller: den großen Curd Jürgens. Es ging weder um missbrauchte Kinder noch um Zwangsprostitution, die Geschichte spielte nicht im Rocker-, Menschenhändler- oder Schwulenmilieu, sondern auf dem gutbürgerlichen Killesberg. Natürlich ist Jürgens der Mörder, entleibt rothaarige Frauen in Serie und dann, noch ehe Bienzles Vorvorgänger Lutz ihn dingfest macht, sich selbst.
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