"Ich habe die Schlichtung im Fernsehen gesehen", sagt Christof Küster, der künstlerische Leiter des Studio Theaters und Initiator des gleichnamigen Musicals. "Die Hauptdarsteller waren schnell klar: Herr Kefer (Bahnvorstand), Frau Gönner (Ex-Verkehrsministerin) – auf der anderen Seite Herr Palmer (Tübingens OB), Kretschmann (heute Ministerpräsident): alles Originale, wie man sie im Theater braucht. Heiner Geißler als Moderator und Entertainer hat auch viel Stoff geliefert. Ich habe schnell gemerkt, dass diese Schlichtung teilweise Realsatire war. Viel Futter, aus dem man schöpfen konnte. Dazu kam die Idee, dass Stuttgart ja eine Musicalstadt ist: Das ist irgendwie aufgegangen."
Wie gut das Konzept aufging, zeigt die Publikumsreaktion. Jede einzelne Vorstellung war ausverkauft. Schließlich wurden die Aufführungen ins Theaterhaus verlegt. Es war das erfolgreichste Stück in der langen Geschichte des kleinen Theaters und stieß bundesweit auf Interesse. Viele wollten die Farce, die ihnen an neun Tagen live aus dem Stuttgarter Rathaus im Fernsehen vorgespielt worden war, gern noch einmal ansehen, mit allen kleinen Tricks, billigen Effekten, freiwilligen und unfreiwilligen Lachnummern. Aber dort, wo Theater hingehört: auf der Bühne. Alle Texte stammten aus den realen Verhandlungen. Auch einige der originalen Protagonisten haben sich das Stück angesehen: Heiner Geißler nicht, aber Winfried Hermann.
Die Realität direkt auf die Bühne zu holen ist eine interessante Tendenz des jüngeren Theaters. Die Gruppe "Rimini Protokoll" tut das oder Volker Lösch mit den Bürgerchören und Interviews, die er in seine Stücke einbaut. Christof Küster hat bereits 2010, zum 80. Geburtstag des Altkanzlers, eine Helmut-Kohl-Revue ausschließlich aus Originalzitaten zusammengestellt. In eine ähnliche Richtung geht die aktuelle Reihe "StudioTalk: Dialog" – Interviews mit Marcel Reich-Ranicki oder Jackie Kennedy, in Buchform eine etwas trockene Kost, werden auf der Bühne zum Leben erweckt.
Küster inszeniert auch Klassiker wie "Wilhelm Tell" oder Kleists "Prinz von Homburg", vor allem für Schulklassen. Zu dem "Zwei-Sparten-Haus" gehört der Kruschteltunnel, Stuttgarts ältestes Kindertheater, eine Konstante, auch eine finanzielle, bei aller Experimentierfreude.
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