Als er Ende der Siebziger Martin Scorseses "Taxi Driver" sieht, ist er für immer infiziert. Nach diesem Kinoerlebnis, sagt er heute, sei ihm klar gewesen: Ich muss ins Filmgeschäft. Peter Rommel, 1956 in Stuttgart geboren, war Anfang zwanzig und hatte eine Buchhändlerlehre hinter sich. Jetzt hat er den Buchbestseller "Feuchtgebiete" fürs Kino produziert. Der Rest seiner Biografie liest sich wie ein Stück Popliteratur, erinnert an die Fußball- und Musik-Geschichten des Briten Nick Hornby, auch wenn sich der Held eher als "Seelenamerikaner" begreift.
Bis vor ein paar Jahren fuhr Rommel in regelmäßigen Abständen in einem schwarzen Cadillac Fleedwood, Baujahr 86, vor dem Mineralbad Berg im Stuttgarter Osten vor, tankte Kraft an den Quellen, bevor er über den Neckar ging in den Fanblock des VfB. Für diesen merkwürdigen Spaß kam er jedes Mal aus seiner Wahlheimat Berlin angefahren. Wenn er kommende Woche wieder nach Stuttgart reist, dann nicht nur, um als Produzent seinen neuen Film "Feuchtgebiete" zu promoten und den Leuten zu erzählen, wie das Geschäft mit einem skandalträchtigen Bestseller zustande kam. Er besucht im Theaterhaus die Show der amerikanischen Rockband Eels, einen krachenden, künstlerisch unberechenbaren Act.
Peter Rommel ist siebenundfünfzig, und bis heute ist es das Unberechenbare, das ihn antreibt. Er spielt nicht mit Popklischees, wenn er sagt, zwei Dinge hätten sein Leben, seine Karriere geprägt: Fußball und Musik. Es ist kein Kapitel aus einem Tellerwäscher-Märchen, dass er Ende der Siebzigerjahre in Stuttgart Filmdosen für einen Verleih zu den Kinos fährt, um ein paar Mark zu verdienen. Und es ist wahr, dass er 1983, damals schon in Berlin zu Hause, in Stuttgart die Mitfahrzentrale West mit gründet, um sich etwas Geld fürs Überleben und seine Filmpläne zu beschaffen. In Berlin arbeitet er an der Kasse des legendären Kinos am Steinplatz, als ihm einer sagt, ein Buchhändler müsse doch etwas vom Vertriebsgeschäft verstehen, er solle es mal als Verleiher versuchen.
Schicksalhafte Verbindung: Fußball und Film
Damit kommen wir zu einer Wendung im Leben des Herrn Rommel, die im Film durchaus als dramaturgische Pointe durchging. Er ist Fußballfan, ein roter VfB-Narr schon als kleiner Junge in den Sechzigerjahren, hin und weg, als der französische Flügelstürmer Gilbert Gress schon vor Günter Netzer seine Rockstar-Mähne schüttelt. In den Achtzigerjahren ist der Isländer Ásgeir Sigurvinson als Mittelfeldregisseur im VfB-Team, und dieser Mann, den man öfter auch in Rockclubs trifft, hat einen Freund, den isländischen Filmregisseur Fridrik Thor Fridrisson. Der dreht 1991 "Children of Nature – Eine Reise", und Rommel erkennt die schicksalhaften Verbindungen von Film und Fußball. Er nimmt "Children of Nature" in seinen Verleih, wenig später wird der Spielfilm für einen Oscar nominiert – und der Kleinverleiher so liquide, dass er in Berlin die heutige Produktionsfirma Rommel Film gründen kann. Es dauert noch acht Jahre, bis ihm bei der Berlinale mit dem Episodenfilm "Nachtgestalten" (Regie: Andreas Dresen) der Durchbruch gelingt.
Danach produzierte Rommel respektable Kinoerfolge wie "Halbe Treppe", "Sommer vorm Balkon", "Wolke 9", eine Art Tabubruch beim Thema Alterssex. Diese Produktionen kosteten nicht mehr als jeweils eine Million Euro und schrieben ein weiteres Kapitel nach dem Vorbild des Britpop-Romans: Mit dem Regisseur der Filme, dem 1963 in Gera geborenen Andreas Dresen, pflegt Rommel eine echte Männerfreundschaft.
Jetzt, im Sommer 2013, ein vermeintlicher Schnitt. Die Adaption von Charlotte Roches Bestseller "Feuchtgebiete". Schon taucht das Wort "Verrat" auf. Der standhaft gealterte Indie-Rock 'n' Roller, der unabhängige Produzent und Überlebenskünstler im Haifischbecken der Branche, macht Schlagzeilen, ausgerechnet er verfilmt Charlotte Roches "Feuchtgebiete", dieses mehr als zwei Millionen Mal verkaufte Buch über undosiertes Ficken und Duschkopf-Masturbation, über Scheiße und Hämorrhoiden.
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