Damals, 1873, gab's natürlich noch keine Nazis, nicht mal in Neckarsulm, wo sich am 6. Juli Menschen zur Theresienwiese Heilbronn aufmachten, um an Michèle Kiesewetter zu erinnern. Sie erinnern sich? Die Polizistin wurde vor sechs Jahren hingerichtet, und es brauchte viel Kraft, viel Aufwand, um die befassten Landesbehörden auf die rechte Spur zu bringen.
Kein Wunder – die allgemeine Aktenlage war schlecht, um nicht zu sagen: fast bundesweit geschreddert, und man tappte im Dunkeln. Deswegen war man eben in der Politik und Justiz so total überrascht, als alles rauskam, auch das, was nicht rauskommen sollte.
Zugegeben, die meisten Verfassungsschützer und Geheimdienstler sind natürlich gar nicht alt genug. Und an das Oktoberfest-Attentat 1980 können sie sich erst recht nicht erinnern – 30 Jahre her. Geschweige denn, da in der einen der anderen Weise beteiligt gewesen zu sein wie vielleicht in Heilbronn oder sonstwo. Und bei der Ausbildung spielen solche alten Sachen ja auch keine Rolle mehr. Fragen? Fragen kann man heut ja niemanden mehr, die Münchner Zeugen sind ja alle tot. Höchstens Wolfgang Schorlau ("Das München-Kompott"): Der Kontext-Freund hat Dengler gründlicher ermitteln lassen als die Polizei erlaubt – im Roman.
Die Realität ist da viel grausamer. Der Öffentlichkeit ist kaum bekannt, dass den Behörden 123 Tote fehlen – weg, verschwunden, aus die Maus. Und das kam so: Die Kriminalstatistik der Polizei geht von 60 Todesopfern im Zeitraum von 1990 bis 2011 aus. Die Amadeu-Antonio-Stiftung hingegen knallt eine inoffizielle Liste raus, gleicher Zeitraum, aber 183 Todesopfer. Fehlen 123.
3 Kommentare verfügbar
weisse Flecken
am 10.07.2013Sieht man gar nicht.
Streng geheim .