Die Abläufe waren sich zum Verwechseln ähnlich: Wie jedes Jahr seit 20 Jahren gab es in Stuttgart auch 2023 und 2024 eine "Revolutionäre 1. Mai Demo", die den "Bruch mit der kapitalistischen Klassenherrschaft" sucht und eine "kommunistische Alternative zu diesem krisengeschüttelten System" präferiert. Die Erfolgschancen einer Weltrevolution scheinen dabei gegenwärtig eher überschaubar. Dennoch hat sich die Stuttgarter Polizei in den Vorjahren für eine harte Linie entschieden, die auch ihre Einsätze bei anderen linken Demonstrationen kennzeichnet – während sie zum Beispiel gegenüber "Querdenken"-Aktionen für gewöhnlich konziliant auftritt und bei massenweise Verstößen gegen Demo-Auflagen aus "Gründen der Verhältnismäßigkeit" dort von einem Einschreiten absieht.
Bei den 1.-Mai-Demos fiel diese Abwägung zuletzt anders aus – und das Strickmuster für eine Eskalation sah in den vergangenen beiden Jahren so aus: Das städtische Ordnungsamt begrenzte die maximale Länge von Transparenten auf zum Beispiel 1,50 Meter, und Pyrotechnik ist ohnehin verboten. In den Demozügen gab es dann jeweils zu lange Banner und Rauchtöpfe, was eine Konfrontation mit der Polizei provozierte. Diese griff dann großzügig zu Pfefferspray und Schlagstöcken und rechtfertigte das hinterher durch angebliche Angriffe durch Demonstrant:innen.
Beim Einsatz 2023 erklärte ein Polizeisprecher vor Ort zunächst, dass der Demo-Zug wegen Auflagenverstößen gestoppt worden sei, dass er bislang nichts von schweren Straftaten wisse, es habe kleinere "Rangeleien" gegeben, ehe die Ordnungsmacht unmittelbaren Zwang (also Knüppel und Pfeffer) einsetzte. Nachdem das Vorgehen als unverhältnismäßig kritisiert wurde, war dann in der polizeilichen Pressemitteilung von "einem tätlichen Angriff" der Demonstrant:innen auf die Staatsgewalt die Rede. Bei den Festnahmen wurde allerdings nur Vermummungsmaterial sichergestellt, keine Waffen.
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