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Podcast Siller fragt – Lennart Stein

Was kostet ein Würstchen?

Podcast Siller fragt – Lennart Stein: Was kostet ein Würstchen?
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Lebensmittel sind in Deutschland günstig, weil sich Umweltfolgekosten nicht in den Preisen niederschlagen. Was Käse und Joghurt tatsächlich kosten, hat ein Team der Uni Greifswald für den Discounter Penny Markt ausgerechnet. Lennart Stein war dabei. Ein Gespräch über veganes Schnitzel und EU-Vorgaben, an die sich keiner hält.

Die 300 Gramm Packung Lindenhof-Maasdammer bei Penny müsste eigentlich 4,84 Euro kosten statt 2,49 Euro. Fürs Klima 84 Cent Aufschlag, 76 Cent für den Boden– und 12 Cent für den Wasserverbrauch. Anfang August hat der Discounter Penny Markt in einer Aktionswoche Lebensmittel zu "wahren preisen" (True Costs) angeboten. Käse, Wurst, veganes Schnitzel, Mozzarella, Bio-Mango-Vanille-Joghurt, Wiener Würstchen – alle diese Lebensmittel müssten eigentlich deutlich teurer sein, als sie im Laden angeboten werden, der Preis für eine Packung Wienerle (bei Penny 3,19 Euro) hat sich sogar beinahe verdoppelt.

"Aus ökonomischer Sicht liegt ein Marktfehler vor", sagt Lennart Stein, Mitarbeiter einer Forschungsgruppe der Uni Greifswald, die das Penny-Projekt wissenschaftlich begleitet hat. "Alles, was in einer Wertschöpfungskette passiert, müsste eigentlich in so einen Preis eingerechnet werden. Das ist aber aktuell nicht der Fall." Es geht um klimaschädliche Emissionen, Wasserbelastung, Nutzung von Boden und ganz allgemein um Gesundheitsbeeinträchtigung durch Pestizide oder Ammoniak, die von Lebensmittelproduzenten verursacht, aber letztlich von der Gesamtgesellschaft gezahlt werden. Zwar nicht an der Kasse, dafür aber über Kosten für Wasser, Steuern oder Subventionen, "die vielleicht in die falsche Richtung gehen", sagt Stein.

Das sogenannte True Cost Accounting rechnet abstrakte Umweltschäden und Belastungen in konkrete Zahlen um und macht so das Ausmaß der Misere deutlich. Dabei würde, sagt Stein, in der EU eigentlich das "Verursacherprinzip" gelten, ein von den OECD-Staaten entwickeltes Konzept, nach dem derjenige Umweltfolgekosten zu tragen hat, der sie verursacht. "Aktuell ist das nicht so", sagt Stein und ist sich sicher: "Es gibt kein Erkenntnisproblem, es gibt ein Handlungsproblem."

Wie genau die Forschungsgruppe vorgegangen ist, wie sie mit ihren Ergebnissen zur Politik vordringt und welche Lösungsvorschläge sie hat, hören Sie im Podcast.


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1 Kommentar verfügbar

  • motzebolle
    am 01.09.2023
    Antworten
    Wenn ich als Bandleader mit meiner vierköpfigen Band fürs städtische Weinfest gebucht werde, müßte ich nach den Regeln des "True Cost Accounting" mindestens 3000.- Euro Gage aufrufen. Um die katastrophalen Corona-Ausfälle halbwegs zu kompensieren müßten es eigentlich sogar 6000.- sein. Gezahlt…
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