Am 25. Oktober 2017 besteigt Ruja Ignatova an einem nasskalten Morgen ein Flugzeug in Sofia und landet eine gute Stunde später in Athen. Dort wird sie von zwei russisch sprechenden Männern in Empfang genommen. Seither fehlt jede Spur von der wahrscheinlich größten Trickbetrügerin der Welt.
Die heute 42-Jährige wird seit diesem Sommer nicht nur von Europol und Interpol, sondern auch vom FBI gesucht. Die selbsternannte "Kryptoqueen" hat vermutlich drei Millionen Menschen weltweit um ihre Ersparnisse gebracht. Die Schätzungen schwanken zwischen drei und 15 Milliarden Dollar.
Während ihr Bruder Konstantin als Gabelstaplerfahrer bei Porsche Logistics in Zuffenhausen arbeitet, geht die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin für die Unternehmensberatung McKinsey nach Bulgarien, knüpft Kontakte und hat 2013 die Idee, selbst ins Kryptogeschäft einzusteigen. Sie nennt ihre Währung "OneCoin", was nichts anderes als ein illegales Schneeballsystem ist. Das Geschäft läuft blendend – doch ab 2016 werden die Behörden zunehmend misstrauisch. Im Frühjahr 2017 verbietet die BaFin "One Coin" in Deutschland. Im Sommer 2017 erfährt Ignatova, dass das FBI hinter ihr her ist, und sie taucht ab. Im Interview spricht Filmemacher Johan von Mirbach von einem Todesengel.
Herr von Mirbach, wie sind Sie auf die "Krypto-Queen" und "OneCoin" als Filmstoff gekommen?
Johan von Mirbach: Ich habe in der "Süddeutschen Zeitung" einen sehr langen Artikel über Ruja Ignatova gelesen und war sofort angefixt. Diese Frau ist fast gleich alt wie ich und direkt um die Ecke bei mir aufgewachsen. Ich bin in Villingen-Schwenningen groß geworden, gar nicht weit von Schramberg, und dachte mir: Das kann alles nicht wahr sein.
Und ihr Bruder Konstantin ist in Königsfeld zwischen Schramberg und Villingen auf die Zinzendorfschule gegangen…
Ja genau, er ist jünger als ich, aber ich kenne Leute, die mit ihm zusammen auf der Schule waren. Also das ist schon sehr nahe gewesen. Dass dieser weltweit größte Kleinanleger-Betrug im Schwarzwald seinen Ausgang genommen hat - schon verrückt.
Was hat Sie an der Person Ruja Ignatova fasziniert?
Sie ist eine Frau, die vielleicht einfach nicht genug kriegen kann. Aber noch mehr hat mich fasziniert, wie sie überhöht wurde. Diese mythische Person, die wie eine Jungfrau Maria um die Ecke kommt und verspricht, alle werden reich. Einige der "OneCoin"-Verkäufer sind auch wirklich reich geworden und leben heute unbehelligt von der Justiz. Für andere ist aber genau das Gegenteil eingetreten. Einige Leute, mit denen sie zu tun hatte, sind festgenommen oder sind unter Hausarrest oder mussten flüchten.
Sie hat viel verbrannte Erde hinterlassen.
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