Die Zukunft trägt schwarze Jeans, das weiße Hemd weht lässig überm Hosenbund, und über den Schultern des Mannes hängt ein Ledertäschle mit massiv studentischer Ausstrahlung. Bernd Wahler betritt bei seiner ersten Pressekonferenz für den VfB Stuttgart das Podium wie noch nie ein Kandidat für das höchste Amt des Vereins. Vor zwei Jahren saß an dieser Stelle der ehemalige Porsche-Marketing-Manager Gerd E. Mäuser. Der Mann war brav in ein gedecktes Jackett gehüllt und las ein Zehn-Punkte-Programm aus Textbausteinen und geschmeidigen Worthülsen vor, der damalige Aufsichtsratschef Dieter Hundt nickte gefällig dazu. Hätte Hundt geahnt, wie massiv der herrische Mäuser nach seiner Wahl Mitarbeiter, Sponsoren und Fans des Vereins verbellen würde – er hätte wohl kaum gelächelt. Aber so hat der präsidiale Missgriff den Noch-Chef der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände kurz nach Mäusers Rückzug ebenfalls aus dem Amt gespült.
Der Aufsichtsratschef aus Uhingen wurde vor ein paar Wochen zurückgetreten. Damit machte Hundt knurrend Platz für einen Neunanfang, was möglicherweise nicht so schlecht ist. Dem 74-jährigen Unternehmer wurden schließlich als eine Art Spätwerk auch Ambitionen auf das Präsidentenamt nachgesagt, für das er sich eventuell in ein paar Jahren bewerben wollte. Und Fußballchef war Hundt übrigens schon mal: Der österreichische Klub SV Bad Aussee stieg unter ihm als Präsident viermal bis in die zweite österreichische Liga auf, dann aber auch zweimal schnell wieder ab und rauschte schließlich 2009 in den Konkurs. Ein paar Monate später zog sich der Chef der Allgaier Werke komplett zurück, kurz danach wurde der steirische Verein aufgelöst.
Traumjob gegen heißen Stuhl getauscht
Der VfB soll dagegen jetzt noch fester in Stadt und Land verankert werden. Und das mit einem Mann an der Spitze, der ohne festes Programm vor seine Wähler treten wird. Das Programm ist zunächst mal er. Dafür bittet er um Verständnis, die Zeit sei einfach zu knapp, er habe auch einige Ideen, die Wahler aber erst intern kommunizieren möchte. Wahler hat erst seit ein paar Tagen die Freigabe seines Arbeitgebers Adidas. Dort war er als Senior Vice President, wie es so schön heißt, für den Bereich Innovation zuständig. "Ein Traumjob", wie er sagt, den er jetzt mit einem ziemlich heißen Stuhl tauscht – für geschätzt 450 000 Euro im Jahr.
Heiß ist der Stuhl vor allem auch deshalb, weil er sich eine wahre Herkulestat vorgenommen hat. Wahler will neben der nötigen Ruhe auch für eine leidenschaftliche Aufbruchsstimmung sorgen – und das im Team. Das klingt wenig spektakulär, ist es aber in Anbetracht des historischen Auf und Ab der Mannschaft und des superkritischen rot-weißen Klientels. "Der VfB wird leider außerhalb besser gesehen als in seinem direkten Umfeld", weiß auch der designierte Chef und glutrote VfB-Fan. Wohl wahr. Mit Ausnahme der treuen Fans auf den Stehrängen gilt vor allem das Publikum auf der Haupttribüne bisweilen als Mauer des Schreckens. Nirgends sonst in Deutschlands Stadien werden die Kicker heißer geliebt und nach zwei Fehlpässen tiefer verdammt als in der Cannstatter Arena.
3 Kommentare verfügbar
Ruf-Kritiker
am 13.07.2013"Stars wie Mario Gomez oder Sami Khedira gehalten werden – koste es, was es wolle. Aber das war und ist mit Ruf nicht zu machen."
Hier hat der Autor wohl Balakovs Vertrag vergessen.
Zudem fehlt die Ära von Manfred Haas, der den mit rund 30 Millionen Euro…