Und wenn die deutsche Automobilindustrie noch so sehr kränkelt, eines funktioniert immer: die Lobbyarbeit des VDA, des Verbands der Automobilindustrie. Wobei Lobbyarbeit so einen unschönen Unterton hat, nennen wir es lieber Hilfsbereitschaft. Denn der VDA hilft viel, besonders der Politik. Zum Beispiel mit "Formulierungshilfen" bei diversen Gesetzen und Verordnungen. Die sind teilweise so hilfreich, dass der Gesetzgeber nicht mal mehr ein Komma ändert. Legendär etwa die Hilfe für das Effizienzlabel für Neuwagen aus dem Jahr 2012. Hier half der VDA schon im Vorfeld bei der Ressortabstimmung, und am Ende übernahm die Bundesregierung einen großen Teil des VDA-Vorschlags bis ins kleinste Detail. Die Wochenzeitung "Die Zeit" nannte dies damals ein "bisher nicht gekanntes Ausmaß von Lobbyismus".
Für ein Positionspapier der Union zur Automesse IAA im vergangenen September half der VDA wieder mit mindestens vier Seiten, hochkarätig vertreten war er beim Autogipfel im Bundeskanzleramt im Oktober und beim Strategiedialog Automobilwirtschaft in Stuttgart vergangene Woche, zu dem Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geladen hatte und unter anderem auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kam. VDA-Geschäftsführer Jürgen Mindel, in Stuttgart dabei, hatte schon im Vorfeld die VDA-Erwartungen formuliert: "Mit unserem 10-Punkte-Plan für klimaneutrale Mobilität und unserem jüngst veröffentlichten Joint Statement zu erneuerbaren Kraftstoffen zeigen wir, wie Transformation gelingen kann – ohne dabei unsere Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden."
Nach dem Stuttgarter Dialog schrieb Merz flugs einen Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, in dem er Forderungen in diesem Sinne formulierte. Und am gestrigen Dienstag wurde dann schon vermeldet, dass die EU-Kommission offenbar vom strikten Verbrenner-Aus abrückt. Dazu zitieren wir mal wieder den legendären Ex-Bundesverkehrsminister und VDA-Standleitungsinhaber Andreas Scheuer (CSU): "Mir macht Klimaschutz auch Spaß."
Stuttgarter AfD will Fahrräder besteuern
Gar keinen Spaß macht dem Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU), dass das Auto immer mehr aus der Innenstadt verdrängt werden soll – zugunsten von Fahrrädern oder ähnlich wokem Kram. Gegen die dadurch verursachten Probleme im Stadtbild, wie sie schon Rotter- oder Amsterdam haben, kämpft Nopper wacker. Unterstützung bekommt er dafür im Gemeinderat auch von der Partei, die sich in einer Traditionslinie mit den allerersten deutschen Autobahn-Lobbyisten verstehen kann. Die vierköpfige AfD-Fraktion regte kürzlich die Schaffung einer Fahrradsteuer plus Kennzeichnungspflicht an, die dem klammen städtischen Haushalt bis zu zehn Millionen Euro bescheren soll. Die Stadtverwaltung reagierte erwartbar ("mangels Rechtsgrundlage" sei der Vorschlag "nicht umsetzbar"), doch wir finden: Da geht noch mehr! Wir fordern Steuern für alles Beräderte, das rückständig mit Muskelkraft bewegt wird. Eine Steuer für Dreiräder! Für Tretroller! Laufräder, Kettcars, Hackenporsches! Und natürlich für Rollatoren – sofort! Angesichts der demografischen Entwicklung dürfte der Haushalt der Stadt allein mit der Rollatorsteuer in wenigen Jahren saniert sein. Herr Nopper, handeln Sie!




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