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Diskurs statt Distanz

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Es gibt sie also noch, aufsässige Linke innerhalb der SPD. Das zeigt das sogenannte Friedens-Manifest, verfasst von den Gruppen der SPD-Friedenskreise, das vergangenen Mittwoch veröffentlicht und seitdem heiß diskutiert wird. Die Unterzeichner:innen, darunter prominente Köpfe wie Ralf Stegner und Rolf Mützenich, fordern darin unter anderem "eine Intensivierung der diplomatischen Anstrengungen" im Ukrainekrieg und einen "Stopp des Rüstungswettlaufs". Wer die mediale Debatte verfolgt, gewinnt den Eindruck, in diesem sechsseitigen Positionspapier stünde weltbewegend Neues oder besonders Krasses, so viel Widerspruch schlägt dem entgegen. Ob die, die da so kübeln, es auch gelesen haben? Sei's drum. Kontext veröffentlicht es vollständig und regt zur Diskussion in den Kommentaren an.

SPD-Fraktion und -Kabinettsmitglieder distanzierten sich derweil vom Manifest. In Zeiten, in denen Iran und Israel sich gegenseitig bombardieren und das schwedische Institut für Friedensforschung SIPRI vor nuklearem Wettrüsten warnt, will die deutsche Regierung mehr Sicherheit durch mehr Militär. Mindestens 50.000 zusätzliche Soldat:innen hätte Außenminister Boris Pistorius (SPD) gerne. Und so folgte der Debatte um das Manifest sogleich eine um die ausgesetzte Wehrpflicht. Unionsfraktionschef Jens Spahn (seinerzeit ausgemustert) jedenfalls findet, es müsste bei der Bundeswehr eine Struktur geschaffen werden, "die eine zügige Rückkehr zur Wehrpflicht möglich macht".

Schwarze Sonnen und viele Pflaster

Mit der Wehrpflicht wäre zumindest ein Loch gestopft: Netzkampagnen, Döner-Verpackung, Auftritte bei Football-Spielen – die Bundeswehr gibt viel Geld aus, um potentielle Krieger:innen anzuwerben. Das stößt nicht überall auf Begeisterung und regte Aktivist:innen an zum kreativen Protest: Vergangenen Sonntag wurde der Veteranentag begangen, der das "Antimilitaristische Aktionsnetzwerk" zu einee Adbusting-Aktion veranlasste. Bundesweit tauchten Plakate im Bundeswehr-Camouflage-Look auf, alleine in der Stuttgarter Innenstadt sollen es laut den Aktivist:innen 45 Stück gewesen sein. Darauf waren Sprüche zu lesen wie "Deutscher Mix: Nazis, Patronen, Einzelfälle" oder "Abhängen mit Nazi Preppern?"

Ob unter den etwa 80 Neonazis, die es am Wochenende bei über 30 Grad nach Pforzheim zog, auch Soldaten waren, ist unbekannt. Jedenfalls protestierten sie "für traditionelle Werte und gegen die Frühsexualisierung unserer Kinder", sowie gegen den zeitgleich stattfindenden Christopher Street Day. Schwarze Sonnen, die Zahl 88 und Pflaster, die wahrscheinlich verfassungsfeindliche Symbole verdeckten, schmückten die Haut vieler Rechtsextremer. "Die Hände gehen nicht über die Schultern hoch!", lautete eine Anweisung – schließlich sollte ja kein schlechter Eindruck entstehen. Zur deutlich bunteren Pride-Parade kamen schließlich etwa 1.000 Menschen. Weniger waren es in der fränkisch geprägten Kleinstadt Bad Mergentheim, etwa 300 Menschen marschierten hier für die Rechte queerer Menschen. Dafür kamen auch deutlich weniger Nazis zum Protest: Nur etwa knapp zwei Dutzend, kurzfristig angemeldet von der rechtsextremen Partei "III. Weg". In beiden Orten blieb es weitgehend friedlich.

PFAS-Abend in Bad Wimpfen

Kontext-Autor Gunter Haug moderiert am kommenden Dienstag, 24. Juni, eine Veranstaltung des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Bad Wimpfen. Dort leitet das Chemieunternehmen Solvay täglich 24 Kilogramm der Ewigkeitschemikalie TFA in den Neckar und verunreinigt somit das Trinkwasser. Über die Folgen für Gesundheit und Herausforderung für die Wasserversorgung spricht Haug mit der BUND-Referentin für Chemikalienpolitik Janna Kuhlmann, dem TFA-Experten Michael Müller von der Uni Freiburg und Alfred Ewen vom Mannheimer Trinkwasserversorger MVV. Die Veranstaltung im Evangelischen Gemeindehaus beginnt um 19.30 Uhr.

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2 Kommentare verfügbar

  • Jörg Tauss
    vor 15 Stunden
    Antworten
    Es ist höchste Zeit, dass sich in der SPD aktuell etwas gegen Militarismus und Aufrüstung tut. Gesamtgesellschaftlich und innerparteilich. Allerdings sind die ablehnenden Reaktionen der Parteispitze und des unsäglichen Pistorius- Flügels zum Papier nicht gerade ermutigend. Glaubwürdigkeit in einer…
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