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Tango Korrupti

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Ach du braune Neune: Nachdem Österreichs rechtspopulistischer FPÖ-Vizekanzler 2019 wegen eines Korruptionsskandals zurücktreten musste, musste nun auch Österreichs rechtspopulistischer ÖVP-Kanzler wegen eines Korruptionsskandals zurücktreten. Sebastian Kurz steht im Verdacht, sich im Wahlkampf positive Medienberichte erkauft zu haben, und das auch noch mit Steuergeldern! Da können Maskenraffkes noch was lernen.

Die Käuflichkeit in der Alpenrepublik aber auch im Allgemeinen karikierte der Wiener Liedermacher Rainhard Fendrich schon vor Jahrzehnten etwas platt, aber extrem witzig: In seinem "Tango Korrupti" stockt ein fetter Wirtschaftsbonze dem lieben Staatsanwalt sein Staatsgehalt auf, damit die Fotos mit der Nackten verschwinden. Polizeiräte können sich über ein paar Tausender freuen, die ihnen von hinten in die Hose gleiten, und großzügige Spenden sichern ab, dass das nächste Großprojekt von den richtigen Leuten umgesetzt wird. "Auch wenn die Steuerfahndung stöbert", heißt es in dem Song von 1988, hebt das den Blutdruck nicht, "denn alles, was ma hab'n, des hamma sowieso scho auf d'Bahamas".

Dass sich dort prächtig Geld bunkern lässt, ist schon in der Mitte des 20. Jahrhunderts bekannt gewesen – die Nummer mit den Steueroasen in der Karibik ist also fast so alt wie Wolfgang Schäuble. Nun haben investigative Recherchen erneut enthüllt, dass es sie immer noch gibt. "Auf jeden Steuerskandal reagiert die Politik entrüstet – und doch unternimmt sie herzlich wenig gegen die Gierigen und die Korrupten", ärgern sich Frederik Obermaier und Bastian Obermayer in der "Süddeutschen Zeitung". Täglich grüßt das Murmeltier. "Es gibt offenkundig ein System, bei dem die Reichen und Mächtigen systematisch den Mehrwert der arbeitenden Bevölkerung abschöpfen", kommentierte der Satiriker Leo Fischer die Panama ..., äh, Paradise …, nein!, Pandora Papers unter dem Titel "P wie Kapitalismus".

Um auch etwas für die Armen auf der Welt zu tun, wurde Anfang der 1960er die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) gegründet, eine Bank, die heute bei der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau angesiedelt ist. Die hat Kredite im Wert von 250 Millionen Euro vergeben. Und wohin? "Man habe Tausende Arbeitsplätze im Bankensektor von Panama finanziert", erklärt die DEG gegenüber der Tagesschau. Ein Bankensektor, der – wie das öffentlich-rechtliche Informationsangebot ergänzt – "mit Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Finanzkriminalität in Verbindung gebracht wird". Themenkomplexe also, bei denen Deutschland ein paar blinde Flecken hat.

"Es gibt wohl – leider – kaum eine Finanzaufsicht in den Industrieländern weltweit, unter deren Augen in den letzten 15 Jahren derart viele Finanzskandale stattgefunden haben und bei denen die Finanzaufsicht insgesamt ein so schlechtes, ja teilweise dysfunktionales Bild abgegeben hat, wie die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)." Das steht in einem Gutachten der – Trommelwirbel! – Deutschen Bank. Einer Bank also, die im genannten Zeitraum ihrerseits in rekordverdächtig viele Finanzskandale verstrickt war. Wenn diese nun mangelhafte Kontrolle beklagt, ist das ein bisschen so als würde ein seit Jahren erfolgreicher Ladendieb den Hausdetektiv anflehen, sich beim nächsten Mal doch bitte ein bisschen mehr anzustrengen.

Oberster Dienstherr der BaFin ist seit 2018 übrigens Olaf Scholz.


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2 Kommentare verfügbar

  • D. Hartmann
    am 15.10.2021
    Antworten
    Jo, eam schaug o!

    Der Basti und seine Konsorten kennen / kannten tatsächlich das 11. Gebot noch nicht:
    "Du sollst Dich nicht erwischen lassen."

    Da war ja schon FJS gute 2 Generationen vor dem Basti schlauer. Er sich nur einmal nicht so ganz daran halten können. Das gab dann die sogenannte…
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