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Muffensausen, angeblich

Muffensausen, angeblich
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Als Schüler hätt' ich in Amerika jetzt Muffensausen, vor allem, wenn ich einer von den Hunderttausenden gewesen wäre, die mit Emma Gonzales gefühlsmäßig auf die Barrikaden gingen, gegen den Waffen- und Rassenwahn.

In den USA kannste machen, wasde willst. Du kannst selbst mit einer Maschinenpistole zum Shoppen fahren. In Portland (USA, Westküste) marschierten dieser Tage ein paar tausend angereiste, heiße und bewaffnete Rechtsradikale durch die Straßen der Stadt, um den eher liberalen Bürgern mal so richtig zu zeigen, was eine Harke ist. Zum Showdown kam's diesmal noch nicht – aber kommt Zeit, kommt Rat.

Donald Trump jedenfalls wird auch künftig seine segnende Hand über solche Waffenbrüder (sorry: und -schwestern!) halten, und die werden dafür sorgen, dass er ihr Pferdeflüsterer und Präsident bleibt. Selbst unsere öffentlich-rechtlichen Auguren schauen sorgenvoll in die Staaten, erinnern an die aufklärerische Bill of Rights und warnen vor baldigen bewaffneten Konflikten.

Was für eine wohltuende Ruhe dagegen zwischen Ostfriesland und Niederbayern! Die paar hundert bewaffneten Reichsbürger hat man im Griff wie den NSU, und die fünftausend Schützenvereine ziehen allenfalls beim Oktoberfest blank, nach einem Schluck Zielwasser. Offen bleibt, was Rechtsradikale mit jenen 35 000 Namen und Adressen Linksverdächtiger anfangen, die sie im Laufe der Jahre an der Heimatfront gesammelt haben. Hausbesuche, die zum Abo seriöser Presseorgane wie Kontext ermuntern? Das ist eher nicht geplant.

Zu den fast unveräußerlichen Rechten einer Demokratie gehört die Pressefreiheit, ein Recht, das uns die Rechte gern nehmen würde. Was Wunder, wenn's wurmt? Laufjungen der AFD etwa sind gewissermaßen Vorkoster eines etwas radikaleren Rechtspopulismus, die sich (angeblich!!!) diesen "Eröffnungsgag" als Einstieg für einen Redebeitrag überlegt haben wollen: "Immerhin haben wir jetzt so viele Ausländer im Land, dass sich ein Holocaust mal wieder lohnen würde." Na gut, das ist Stuttgart, da tut eh nix weh. In Dresden fordern BürgerInnen mit DDR-Hintergrund (angeblich!!!): "Absaufen! Absaufen!" Angeblich zehn Leitz-Ordner hat Kontext dem Landgericht Mannheim vorgelegt, um das Gericht davon zu überzeugen, dass Tatsachen gegen angeblich sprechen.

Zehn Leitzordner. Das ist so wie 35 000 Namen von vermeintlich Linksradikalen oder 1000 bewaffnete Reichsbürger.

Kommt Zeit, kommt Rat, kommt rechts.

 

Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator des Bürgerprojekts Die AnStifter. <link https: www.youtube.com external-link-new-window>Alle "Wettern"-Videos gibt's hier zum Angucken.


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