Es ist unwirtlich im fiktiven Stuttgart der Zukunft. Eigentlich überall auf der Welt. In Griechenland sterben bei Kämpfen in einem Lager für Geflüchtete an einem Wochenende 10.000 Menschen. Ein Virus ist mutiert und München komplett isoliert worden. New York hat eine 20-Meter-Flutwelle dahingerafft und in Stuttgart bröckeln Straßen und Häuser unter extremen Regenfällen, der Boden: nur noch Morast. In den Nachrichten die Schreckensmeldung: "Der ehemalige unterirdische Skandalbahnhof wurde von der Flut aus seiner Verankerung gerissen, sämtliche Zulauftunnel stehen unter Wasser." Wir befinden uns im Stuttgart des Jahres 2073. Und im druckfrischen Buch des Regionalkrimi-Autoren Klaus Wanninger. "Schwaben-Zukunft" heißt es, am Dienstag vom Autoren persönlich überreicht, anbei ein handgeschriebener Brief: "Liebe Kontext-Redaktion, herzlichen Glückwunsch zum neuen Umfeld in der Hermannstraße." Das Wanninger gut kennt, denn hier, am Anfang der Hermannstraße, schreibt er, wohnte einst der Kommissar aus seinem allerersten Krimi. Sein jetziges Buch befasst sich mit eher Elendem, dem Klimawandel. Mithilfe aktueller Untersuchungen, schreibt Wanninger, habe er versucht, "den Alltag in 50 Jahren bei uns deutlich werden zu lassen – um dem verantwortungslosen Geschwätz, drei, vier Grad mehr ließen unsere Kinder und Enkel nicht mehr so häufig frieren, die Realität entgegenzuhalten." Den Krimi gibt's in der Buchhandlung. Oder, sehr viel besser, demnächst als Dankeschön für Ihre Kontext-Soli-Dauerspende, die Sie hier zeichnen können.
Nochmal zurück zu Stuttgart 21, zum "Skandalbahnhof". Einstmals, in den 1990ern, auf 2,5 Milliarden Euro projektiert, heute – hüstel – kostet er 9,8 Milliarden. Die Deutsche Bahn hat bereits 2016 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage gegen die Projektpartner Stadt, Land, die Region Stuttgart und die Flughafengesellschaft eingereicht, weil der Konzern die Mehrkosten nicht alleine tragen will. Und wer zahlt jetzt all das viele Geld für ein vermeintliches Infrastrukturprojekt, das nicht mal mehr seine Erfinder gut finden? Oliver Stenzel wird es herausfinden und den Prozess für uns begleiten. Am ersten Tag am Gericht hat Stenzel jedenfalls schon mal einen lang gehegten Traum der Redaktion wahr werden lassen: es einmal in die Tagesschau schaffen! Natürlich mit einem Augenzwinkern.
1 Kommentar verfügbar
Philipp Horn
am 10.05.2023Eigentlich ist es ziemlich egal, wie das Gericht entscheidet, am Ende zahlt eh die Steuerzahlerin. :(