KONTEXT:Wochenzeitung
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Welcome Anna

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Wir begrüßen Anna Kupriy als Autorin bei Kontext. Die Journalistin aus Odessa brennt darauf, denen eine Stimme zu geben, die wie sie geflohen sind vor dem Krieg in der Ukraine, und den vielen, die noch dort sind. In den Bunkern, im Bombardement, in der ungewissen Situation mitten im Krieg. Mit vielen von ihnen steht sie in täglichem Kontakt. Es drängt sie, in Worte zu fassen, was sie erleben und erleiden, ob an den Bahnhöfen in Deutschland oder in den Bunkern der Ukraine.

"Hunderte menschliche Gesichter und menschliches Leben, über all das musst du schreiben, um der Welt zu zeigen, was hier passiert", beschreibt sie ihre Motivation in ihrem ersten Artikel für Kontext, mit dem Titel "Zertrümmerte Hoffnungen". Zwanzig Jahre lang hat sie in Odessa mit Kamera und Mikrofon die Geschichten ihrer Stadt eingefangen, nun schreibt sie im Exil in Gerlingen. "Ich freue mich sehr, hier arbeiten zu können", sagt sie bei ihren Besuchen in der Redaktion. Und wir freuen uns, sie als Autorin gewonnen zu haben. Welcome, Anna.

Annas zweite Sprache ist englisch. Wir diskutieren ihre Themen, wir übersetzen ihre Artikel und wir arbeiten daran, ihre Texte zukünftig auch auf ukrainisch veröffentlichen zu können. Viele JournalistInnen aus Russland und aus der Ukraine sind bereits nach Deutschland geflohen. Die Landesregierung diskutiert noch, wie sie unterstützt werden können, Kontext holt Anna Kupriy in die Redaktion. Als Pioniere im gemeinnützigen Journalismus sind wir fixes Handeln seit 11 Jahren gewöhnt. Demnächst feiern wir dieses schräge Jubiläum im Stuttgarter Theaterhaus, dazu demnächst mehr.

Kontext ist mit diesem Engagement nicht allein. Die taz veröffentlicht Kolumnen ukrainischer JournalistInnen in deutscher und ukrainischer Sprache. Das gemeinnützige Projekt Katapult aus Greifswald hat mehr als zehn KollegInnen aus der Ukraine aufgenommen. Zeit, FAZ, SZ, Handelsblatt, Tagesspiegel haben eine gemeinsame Unterstützungsinitiative gegründet. Denn sie alle, die Geflüchteten aus Russland und der Ukraine, wollen weiter arbeiten, gerade jetzt, während eines Krieges, der die Suche nach der Wahrheit so erschwert. Der deutlich macht, wie wichtig die Arbeit von JournalistInnen ist. Und wie gefährlich. Viele sind schon im Krieg gestorben, Reporter ohne Grenzen spricht Ende März von fünf Berichterstattern, die getötet wurden, elf wurden verletzt.

Landtagspräsidentin Muhterem Aras regte im Kontext-Interview ein Schutzprogramm für Medien- und Kulturschaffende an, "damit diese Menschen, die so wichtig sind für eine Gesellschaft, hier nicht nur ein Dach über dem Kopf bekommen, sondern auch ... weiterarbeiten können." Wir von Kontext sind dabei! Und werden unsere Erfahrungen, wenn gewünscht, gerne in die Überlegungen der Landesregierung einbringen: Wir freuen uns über eine Kontaktaufnahme.

Holocaust-Leugner Günter Deckert ist tot

Wenn Günter Deckert etwas zu verdanken ist, dann wohl, dass die Holocaust-Leugnung seinetwegen einen Straftatbestand darstellt. Gedauert hat das bis 1994, bei der Gesetzgebung wurde erst nachgebessert, als der Bundesgerichtshof im März des Jahres keine Volksverhetzung feststellen konnte, obwohl Deckert von der "Ausschwitzlüge" sprach, Gaskammern zum Mythos erklärte, den Massenmord an den Juden in Abrede stellte und die Opferzahlen als "lächerlich" bezeichnete. 

Obwohl Deckert sich nie groß bemühte, seine Ansichten zu verheimlichen, durfte er, ab 1966 NPD-Mitglied, bis 1988 an deutschen Gymnasien unterrichten. Klein ist die Welt: An der Internationalen Gesamtschule in Heidelberg war der Geschichtsrevisionist kurzzeitig Geschichtslehrer der Mutter von Kontext-Redakteur Minh Schredle. Nachdem der Autor der Broschüre "Ausländer-Stop – Handbuch gegen Überfremdung" wegen seiner rechtsextremen Aktivitäten aus dem Schuldienst entlassen wurde, ließ er sich 1991 zum NPD-Vorsitzenden wählen. Vier Jahre später wurde er wegen Volksverhetzung verhaftet, und unterlag 1996, immer noch als Inhaftierter, bei der Wahl um den NPD-Vorsitz nur knapp dem ebenfalls wegen Volksverhetzung verurteilten Udo Voigt, der mit 88 Stimmen triumphierte. 

Seinen letzten politischen Erfolg feierte Deckert 2019, als er bei den baden-württembergischen Kommunalwahlen für die Deutsche Liste in den Weinheimer Gemeinderat einzog. Als er dort im Februar 2022 rassistische Thesen vortrug, der Oberbürgermeister ihn des Saales verwies und der Rechtsextremist sich weigerte, von selbst zu gehen, musste er von der Polizei abgeführt werden. Am 31. März verstarb Deckert im Alter von 82 Jahren in einem Weinheimer Krankenhaus. 


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