Faules Pack klingt immer noch besser als feiges Gesindel. Meine Oma Glimbzsch aus Zittau, eine gestandene Arbeiterfrau, war nie besonders zimperlich in der Vergabe von Prädikaten – die nahm kein Blatt vors Maul.
"Faules Pack" hätte sie vielleicht zu den Bankern, Spekulanten und Managern gesagt, die ihre Unternehmen in den Abgrund reiten und dann auch noch mit millionenschweren Boni nach Hause entlassen werden. Purer Neid, sag ich mir – die waren fleißig, aber unfähig. "Feiges Gesindel" hätte sie vielleicht zu den Rennrodlern von Bahrain gesagt – die fahren quasi über Leichen, wenn's sein muss, mit dem Silberpfeil. Wir sind in Führung, egal, ob es nun ein Propagandarennen für den täglichen Terror ist wie in Bahrain. Ob Fifa oder FIA, der Weltverband der rauschenden Reifen, ob Folter oder Hunger: hier zählen Dollars oder Renminbis.
Schön und gut, der eine oder andere große Vorsitzende wird mal angepinkelt zwischen Paris und Dakar, wenn wir wieder durch den Wüstensand brausen wie weiland Erwin Rommel und Menschen wie aufgescheuchte Hühner in ihre Ställe fliehen. Ein Untergebener, ein gewisser Herr Vettel (ich kenn ihn nicht näher) meinte sogar, "ist es immer schrecklich, wenn jemand ums Leben kommt". Wo er recht hat, hat er recht, und vielleicht hängt er sich ja, der mutige Mann, der kein Risiko scheut, einen Trauerflor an die Außenantenne.
Da waren der Tommy und der John schon andere Kerle – Smith und Carlos, die US-amerikanischen 200-Meter-Läufer, falls sich jemand erinnert, reckten 1968 bei den Olympischen Spielen in Mexiko bei der Siegerehrung die geballte Faust im schwarzen Handschuh zum Black-Panther-Gruß in den Himmel. Da kann man heute lange drauf warten – Signale dieser Art gehören sich heute nicht mehr, heut wird gespurt!
Ach, damals! Da mischten sich illustre Persönlichkeiten, Berühmtheiten noch ein in öffentliche Angelegenheiten, da traten Sportlerinnen und oder Kulturschaffende den Herrschaften ans Schienbein, verbal wenigstens, wenn Menschenrechte verletzt wurden. Die Jungs von heute allerdings sind ja derart voll gepflastert mit Werbescheiß, innen wie außen, dass es für eine menschliche Regung oder einen guten Gedanken gar keinen Platz mehr gibt. Events von heute können auf dem Schrottplatz von Fukushima genauso stattfinden wie vor einem chinesischen Arbeitslager, vor Assads Foltergefängnis ebenso wie in Guantánamo oder Kandahar. "Es ist immer schrecklich, wenn jemand ums Leben kommt" – doch trösten wir uns: Red Bull ist schon da.
Peter Grohmann ist Kabarettist und Gründer des Bürgerprojekts Die AnStifter.
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