Die Vorzüge lagen auf der Hand. Keine Gefahren, kaum Kosten, Krankheiten werden weder aus- noch eingeschleppt. Und die wahren Abenteuer finden ja ohnehin im Kopf statt. Sich wegdenken und wegträumen, angeleitet durch Lektüre, erlebt in pandemischen Zeiten eine Renaissance. Das Geschäft mit klassischen Reiseführern ist eingebrochen, einschlägige Literatur dagegen gefragt. Viele Verlage produzieren Leselisten, Neuerscheinungen wie das bei Hoffmann und Campe verlegte "Wuhan Diary“ der chinesischen Schriftstellerin Fang Fang bieten Einblick ins sonst Unerreichbare, vermeintlich Verstaubtes wird neu entdeckt, von Tanja Blixen bis Vicky Baum. Sogar das Genre Kurzurlaub im Kopf wird bedient, der Merian offeriert einen 30minütigen Podcast über Berlin und Leipzig, Hamburg, München oder sogar Braunschweig, und Frauen reisen für Frauen ohnehin, als e-book zum Beispiel für 8,99.
Apropos Merian: Maria Sibylla ist eigentlich die berühmteste ihrer Familie. Und doch steht ihr Schicksal exemplarisch für jene Pionierinnen, von denen – gemessen am Werk - zu wenig blieb. Ein Portrait der Kupferstecherin und Forscherin, geboren 1647 in Frankfurt am Main, sollte zur späten Ehrung den letzten Hundert-Mark-Schein zieren. Wozu es allerdings nicht kam, nach Debatten um die Authentizität ihrer Darstellung. Clara Schumann, auch nicht eben gut behandelt von der (Musik-)Geschichtsschreibung, nahm ihren Platz ein. Die Maria Sibylla Merian wurde später auf dem deutlich selteneren Fünfhundert-Mark-Schein verewigt.
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