Das wäre die richtige Botschaft in diesen falschen Zeiten: Die Waffen nieder!, russische Soldatinnen und Soldaten, desertiert! Wer sich diesem Krieg entziehen will, muss aus der Ukraine ausreisen dürfen. Wer desertiert, dem muss Schutz und Asyl in Deutschland gewährt werden. Долой оружие! Русские солдаты, уходите из армий! Война не решает проблем!
Wir wissen, dass Friedenskundgebungen und Boykottaufrufe zweischneidige Schwerter sind. Die Kundgebung bleibt eine billige Botschaft ohne alle Folgen, sie kostet nichts. Es wird gejubelt, wenn wir alte Gewohnheiten über Bord werfen und liefern, was gebraucht wird. Kein Blut für Öl, das war einmal. Wir beliefern Katar und China, Ägypten und die Türkei, Saudi-Arabien und Russland, Pakistan, die Ukraine und 40 weitere Länder. Diktatur? Demokratie? Monarchie? Anarchie. Da verdienen wir am meisten. Wer bestellt und bezahlt, wird beliefert. Die deutschen Rüstungsexporte sind weiter gestiegen auch in Kriegs- und Krisenregionen. Da heißt es: Weiter so!
Ein kleiner Rückblick: Sieben Jahre nach dem Sieg über unsere Nazidiktatur machte Josef Stalin (ja, ich kenn' ihn: Kommunist und Verbrecher) in einer Note an die USA, England und Frankreich einen Vorschlag für ein wiedervereintes, souveränes und demokratisches Deutschland. Es sollte sogar über eine begrenzte Armee verfügen dürfen, aber dafür seine Neutralität wahren. Alle Besatzungstruppen sollten abgezogen und mit einer gesamtdeutschen Regierung dann ein Friedensvertrag ausgehandelt werden. Wer weiß, was draus geworden wär'! Die Westmächte lehnten ab. Fünf Jahre später entwickelte der polnische Außenminister Adam Rapacki vor der UNO-Vollversammlung die Idee von den atomwaffenfreien Zonen inmitten Europas. Das war 1957. Dieser Entwurf enthielt ein Verbot der Produktion und Lagerung von Atomwaffen in der Bundesrepublik, der DDR, Polen und der Tschechoslowakei. Obwohl die Sowjetunion dem Plan zustimmte, wurde er vom Westen abgelehnt, und auch Walter Ulbrich (DDR) wollt' nicht: Es wär' sein frühzeitiges Ende gewesen, sagte mir meine Omi Glimbzsch in Zittau. Ja, wer weiß, was draus geworden wär'!
Im Fall der Ukraine (ist sie schon gefallen?) fällt den Leuten nicht viel mehr ein als umfassender Boykott des Aggressors Russland. Im Hinterzimmer der Mächtigen beschließen wir, Waldemar Putins Facebook-Account zu sperren. Der Autobauer Mercedes-Benz hält natürlich weiterhin 15 Prozent an der russischen Firma Kamaz, die die gepanzerten Fahrzeuge für den Einmarsch liefert. Auf allen anderen Kanälen postet General a.D. Harald Kujat an die Soldaten die biblische Botschaft vom Zusammenbruch der Ukraine, weil die der Militärgewalt Russlands nie und nimmer gewachsen sei. Unsereins bereitet inzwischen die nächste Friedens-Demo vor und hofft, dass der Aufruf zu Gewaltverzicht, Abzug, Rückzug, Wiedergutmachung etc. pp. im Kreml gelesen wird. In Wahrheit aber bleiben nur zwei Realitäten: Hoffnung und Trauer. Hoffnung, dass die nächsten Winter nicht zu kalt werden, und Trauer um den tausendfachen Tod.
Mein letzter Satz? Desertiert zur Demokratie. Aber Vorsicht: Leute, die nach Afrika aussehen, haben keinen Zutritt in die EU. Mehr davon bei meinem politischen Aschermittwoch im Theaterhaus.
Peter Grohmann ist Kabarettist und Koordinator von Bürgerprojekten. Alle Wettern-Videos gibt es hier zum Nachgucken.
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