Ein aktuelles Beispiel ist Festo. Ein schickes neues Hochhaus hat das Unternehmen hoch über Esslingen am Rand des Neckartals gebaut. Die Stadt und das Land mussten am sogenannten Festo-Knoten die Straßen ausbauen. Es gibt 400 neue Parkplätze, aber keine Bushaltestelle, obwohl die Grünen im Gemeinderat dies angemahnt hatten. Zwischen 13 und 25 Minuten dauert die Fahrt mit dem Bus vom Esslinger Bahnhof, die direkte, kürzere Verbindung gibt es auch im Berufsverkehr nur im Halbstundentakt. Dazu kommen bis zu zehn Minuten Fußweg. Im Ergebnis heißt das: Wenn alles gut geht, braucht man etwa von Stuttgart aus mit dem ÖPNV anderthalbmal so lang wie mit dem eigenen Auto. Ist die S-Bahn verspätet, verpasst man den Anschluss, und es ist alles zu spät.
Sicher gibt es auch positive oder jedenfalls bessere Beispiele. Porsche und Bosch etwa beteiligen sich zum Teil an der Finanzierung von Buslinien. Dennoch stehen Pendler, so sie denn tatsächlich bereit sind umzusteigen, oft da wie der Ochs vorm Berg: An weiter außerhalb gelegenen Wohnorten verkehren die Buslinien allenfalls im Stundentakt. Nur mit garantierten Anschlüssen lässt sich da überhaupt planen. Davon kann im Moment kaum die Rede sein. Michael Münter, Leiter des Referats Koordination und Planung des Oberbürgermeisters, vertritt die Mosaikstein-Theorie. Wenn nicht alle erreichbar seien, so doch viele, schließlich wohne nicht jeder in Randlage. Im Moment ist der Fahrradverleih in der gesamten Region neu ausgeschrieben. 80 Kommunen wollen mitmachen, so Münter. Wenn dann etwa auf dem Heimweg der Bus verpasst werde, könne der Pendler per Pedelec zu günstigen Konditionen nach Hause radeln. Nun gibt es den Feinstaubalarm vorwiegend im Winterhalbjahr. Wer gerade mit Anzug und Krawatte von einer Besprechung kommt, wird sich bedanken.
Fahrradverleih auf dem Vormarsch
Immerhin, die Signale sind in den Koalitionsverhandlungen angekommen. Grüne und Schwarze wollen die Region Stuttgart nun gleich zu einem Modell einer nachhaltigen Mobilitätsregion machen. Vollmundiger geht es nicht, aber von den 250 Millionen für neue Fahrzeuge im ÖPNV, die Kuhn und der Städtetag angemahnt haben, wollen die künftigen Koalitionäre nicht mehr als 30 Millionen im Jahr übernehmen. Nach den miserablen Ergebnissen des Feinstaubalarms steht jetzt das Regierungspräsidium (RP) unter Zugzwang. Der Luftreinhalteplan muss aktualisiert werden, denn der freiwillige Verzicht aufs Automobil hat wenig gefruchtet. Die EU-Kommission will konkrete Ergebnisse sehen, sonst droht eine Klage. Daran kommt keine künftige Landesregierung vorbei, gleich welcher Couleur. Nun hat das RP allerdings die Fortschreibung erst mal verschoben, womöglich bis 2017.
Dagegen laufen zwei Klagen: die zweier Anwohner wegen Feinstaub und Stickoxiden, und noch mal wegen NOx seitens der Deutschen Umwelthilfe. Stadt, Land und RP wollen allerdings zuerst die Erfahrungen des Feinstaubalarms auswerten. Doch eigentlich geht es um etwas anderes. Ursprünglich waren als zweite Stufe, wenn es mit dem freiwilligen Verzicht auf das Automobil nicht klappt, Verbote geplant. Darauf will Kuhn nun aber verzichten. Mit gutem Grund: Rund um die Uhr am Stadtrand oder in der Innenstadt zu kontrollieren, ob etwa nur noch Fahrzeuge mit geraden oder ungeraden Nummernschildern unterwegs sind, dafür bräuchte es eine Heerschar von Polizisten. Und es geht nicht ohne Ausnahmen, etwa wenn jemand dringend zum Arzt muss.
6 Kommentare verfügbar
Sikasuu
am 29.04.2016.
Wie Einfallslos! Wie wäre es denn mit "Wir sperren die belasteten Abschnitte wenn die Werte drüber liegen komplett!" halten uns an bestehendes Recht und warten einmal ab was geschieht. Aber bitte beachten: Polizisten,…