Herr Schorlau, wen würde Ihr Detektiv Dengler wählen?
Ich habe mich gerade mit Dengler unterhalten. Er wohnt ja in der Wagnerstraße, also im Stuttgarter Wahlkreis 1. Er sagte mir, er habe zwei gute Kandidaten: Muhterem Aras von den Grünen, die er das letzte Mal gewählt hat, und Hannes Rockenbauch von der Linken, den er ebenfalls gerne im Landtag sehen würde. Dengler ist unglücklich darüber, dass er nur eine Stimme hat. Seine Entscheidung fällt wahrscheinlich erst in der Wahlkabine.
Und was sagt der Erfinder der Kunstfigur dazu?
Wir sind uns in vielen Dingen sehr ähnlich.
Scheint ja diesmal verdammt schwierig zu sein. Woher kommt das Schwanken, das Unentschiedene?
Erinnern sie sich noch an das zentrale Plakat der Grünen im Wahlkampf 2011. Da stand: "Politik wechseln." Das war das Versprechen. Geliefert wurde: "Regieren ist eine Stilfrage." So steht es jetzt auf den Plakaten. Nichts gegen guten Stil, aber das finde ich schon etwas ernüchternd. Jetzt verstehen Sie vielleicht Denglers Dilemma. Einerseits möchten er und ich, dass Kretschmann weiterregiert, andererseits brauchen Kretschmann und der Landtag eine Opposition, die den Namen verdient. Deshalb würde ich mich freuen, wenn Hannes Rockenbauch es ins Parlament schafft mit seiner jungen, frischen, frechen und klugen Stimme.
Was hätte Kretschmann Ihrer Meinung nach liefern müssen?
Mit mir haben sich viele einen größeren Schritt in Richtung Bürgergesellschaft gewünscht, mit allem, was dazugehört. Im letzten Wahlkampf habe ich eine Veranstaltung mit Winfried Kretschmann gemacht, auf der er erzählte, dass große Unternehmen breite Autobahnen in die Landesverwaltung hinein hätten, auf denen sie ihren Einfluss transportierten. Die Bürgergesellschaft habe nicht einmal Trampelpfade. Und jetzt? Es sieht so aus, als hätten die Autobahnen eine Spur mehr gekriegt.
Wenn man die Ergebnisse aller bisherigen Umfragen zugrunde legt, scheint das ein Erfolgsrezept zu sein.
Ich kann mir noch immer nicht richtig vorstellen, dass eine so extrem personalisierte Kampagne diese Ergebnisse zeitigt, wie sie das im Augenblick tut, zumindest in den Umfragen. Meine persönliche Beobachtung ist eher, dass Winfried Kretschmann, den ich persönlich schätze, an Ansehen gewinnt bei Personen, die die Grünen nie wählen würden, und an Ansehen verliert bei Leuten, die ihn gewählt haben. Nach meinen rudimentär vorhandenen kaufmännischen Kenntnissen hielte ich das für ein schlechtes Geschäft. Aber: Mangelnde Vorstellungsgabe ist kein Argument, und ich betrachte den Wahlkampf auch eher von außen. Trotzdem: Es ist eine tollkühne Kampagne. Alles auf eine Karte zu setzen, alles auf Kretschmann. Keine erkennbare politische Botschaft, nicht einmal mehr der Hauch des Wunsches nach einer besseren Welt, der die Wahl 2011 stark geprägt hat. Die Personalisierung übertrifft vielleicht sogar den Wahlkampf, den die SPD 1972 für Willy Brandt führte. Man muss schon tief graben, um Ähnliches zu finden; vielleicht noch am ehesten bei den "Auf den Kanzler kommt es an"-Kampagnen der CDU. Dabei gibt es ja andere gute Leute bei den Grünen. Einige Minister haben ja durchaus Erfolge vorzuweisen.
Aber selbst unter CDU-Wählern hat Kretschmann seine Fans.
14 Kommentare verfügbar
Claus Stroheker
am 15.03.2016danke für den Link.
Aber eigentlich wollte ich nicht wissen, was die AfD zu anderen politischen Themen und Fragen sagt - mich interessiert an der Partei nur und ausschließlich, warum sie gewählt wurde, um daraus erkennen und ableiten zu können, was die Politik tun sollte, um ihr…