Es ist eigentlich eine Geschichte wie aus dem journalistischen Märchenbuch: Ein Journalist, hier der Autor, findet eines Nachmittags nach dem Einkaufen einen großen Umschlag an seiner Haustür mit der Aufschrift "vertraulich". Darin: ein Brief an den Vorstand des Dokumentationszentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg und eine professionell aufgemachte empirische Umfrage unter Mitarbeiter:innen. Auskunft gegeben hat die Mehrzahl der Beschäftigten aus dem Heidelberger Doku-Zentrum, Urheber der anonym gehaltenen Umfrage ist der dortige Betriebsrat.
Ein erster Einblick in die umfangreiche und vom September 2023 stammende 65-seitige Studie erbringt erstaunliche, ja katastrophale Ergebnisse. Zwar mahnt das Dokumentationszentrum in der Person des Vorstandsvorsitzenden Romani Rose öffentlich immer wieder die Menschenwürde, Solidarität und gesellschaftliche Ethik an. Hier scheint aber ein ernster Fall von betrieblicher Misswirtschaft und eklatanter Mängel in der Personalführung vorzuliegen. So wird Frage drei zum "Wohlbefinden in der Arbeitsumgebung" von fast 60 Prozent mit "trifft nicht oder überwiegend nicht zu" beantwortet – nur zwölf Prozent markieren hier eine positive Wertung. Bei Frage 13 zum Informationsfluss zwischen Mitarbeiter:innen und Führungskräften sehen das null Prozent als positiv, 76 Prozent als "nicht oder nicht zutreffend". So nimmt es auch nicht Wunder, dass in Frage 15 die Mitarbeiter:innen zu 95 Prozent bekunden, dass sie über ihr Arbeitsumfeld gerne mehr wissen würden: etwa über "Entscheidungen der Geschäftsleitung", über die Arbeit und Entwicklung anderer Abteilungen.
Das Verhältnis zu den Führungskräften, vor allem zu Romani Rose, wird in mehreren Fragen als nachhaltig gestört dargestellt. Drei Viertel der Befragten kritisieren den durch die Führungskräfte verursachten mangelnden Gemeinschaftsgeist. Und 60 Prozent würden ihren Arbeitgeber nicht weiterempfehlen, ja zwei Drittel der Befragten sehen sich in fünf Jahren nicht mehr als Mitarbeiter:innen des Dokumentationszentrums.
In dem Brief des Betriebsrats an die Vorstände des Dokumentationszentrums wird die Klage formuliert, dass "der als autoritär, respektlos und lautstark wahrgenommene Umgang des derzeitigen Geschäftsführers und Vorstandsvorsitzenden, Romani Rose, als Ursache für die Unzufriedenheit" der befragten Mitarbeiter gelten muss. Darüber hinaus erwähnen die Betriebsräte "eine hohe Fluktuation" und eine hohe Rate von Krankschreibungen innerhalb der Belegschaft. Ein Gespräch mit Romani Rose sei angeboten worden, "bisher ohne Erfolg".
"Atmosphäre der Angst" in "einzigartiger Diktatur"
Dass der Umschlag mit diesen vertraulichen Unterlagen vor der Haustür des Verfassers gelandet ist, kommt nicht von ungefähr. Im vergangenen Dezember schlug ein Kontext-Interview des Briefempfängers mit Daniel Strauß hohe Wellen. Der Vorstandsvorsitzender des baden-württembergischen Landesverbands Deutscher Sinti und Roma sprach darin über die wachsende Unzufriedenheit in der Community mit Rose, der viele Positionen innehat. So ist er unter anderem Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, zudem Vorstandsvorsitzender und gleichzeitig Geschäftsführer des Dokumentationszentrums. Laut Strauß dominiere Rose seit 40 Jahren bundesweit die Politik der Minderheit, er stelle sich dabei öffentlich mitunter gegen die Mehrheitsmeinung, argumentiere mit Falschinformationen, unter ihm sei im Lauf der Jahre eine "monokratische Struktur" entstanden.
6 Kommentare verfügbar
Joschi Rose
vor 5 Tagenich empfinde es als unangemessen, wie Sie Peter Nowak, den Kritiker Ihres Artikels, der im Gegensatz zu anderen Leserbriefen nicht anonym geschrieben hat, derart beleidigend angehen. Dies wirft ein bezeichnendes Licht auf Ihren Charakter