In einem engen Verhörraum im ersten Stock des Polizeipräsidiums von Diyarbakir, wahlweise Osttürkei oder Nordkurdistan, sitze ich auf meinem Stuhl. Es ist Samstagabend, der 11. Oktober 2014. Mir gegenüber ein Pflichtanwalt, umringt bin ich von drei türkische Polizisten. Keiner spricht Englisch, trotzdem reden alle auf mich ein. Der Übersetzer neben mir schweigt, er scheint nicht sonderlich erpicht darauf, seiner Profession nachzukommen. Mir wird ein Formular vorgelegt, ich soll unterschreiben, doch ich verstehe nicht, was. Ich lese die Worte "PKK. Terörizm. Propaganda." und schlucke, als der Übersetzer doch noch den Mund aufmacht und erklärt, dass das die Vorwürfe seien, wegen denen ich seit 20 Stunden in der Gewahrsamszelle einen Stock tiefer festgehalten werde. Und mit mir die zwei Fotojournalisten Ruben Neugebauer und Björn Kietzmann.
Tags zuvor schien noch alles in Ordnung. Zusammen mit meinen beiden Kollegen begleite ich einen Hilfstransport von Berlin bis an die türkisch-syrische Grenze. Da der Konvoi, den einige Leute aus Berlin privat über eine Crowdfunding-Kampagne auf die Beine gestellt hatten, wegen einiger Formalitäten im Südosten der Türkei festhängt, beschließen wir, uns ein Bild von der Lage in Kobanê und den türkischen Kurdengebieten zu machen. Wir fahren an die Grenze zu Kobanê, sehen die Rauchsäulen über der Stadt, die seit Wochen von den Kopfabschneidern des sogenannten Islamischen Staats (IS) belagert wird, sehen die türkischen Panzer, die an der Grenze aufgefahren sind, die Lage aber nur beobachten. Und wir sehen die Kurden, die an der Grenze warten, um wenigstens etwas Brot nach Kobanê bringen zu können, jedoch von türkischen Soldaten daran gehindert werden.
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Tillupp
am 11.12.2014