Ganz große Worte spricht Medienstaatssekretär Rudi Hoogvliet (Grüne) an diesem letzten Sitzungstag im Landtag vor der Pfingstpause gelassen aus: Die Demokratie lebe davon, um die beste Lösung zu ringen, lebe von aktiver Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auf der Grundlage fundierter, verlässlicher Informationen. "Und die wiederum werden geliefert von einem vielfältigen und qualitätsmäßig gehaltvollen Journalismus", sagt der 66-Jährige, der nicht weniger als 28 Jahre für grüne politische Kommunikation zuständig war, ehe er Bevollmächtigter des Landes in Berlin wurde. Bis 2011 war er in der grünen Landtagsfraktion der Presse- und danach bis 2021 Winfried Kretschmanns Regierungssprecher.
In seiner Rede sprach Hoogvliet über den neuen Rundfunkstaatsvertrag. Auch die medienpolitischen Sprecher der anderen demokratischen Fraktionen wollten sich nicht lumpen lassen. Vielfalt, gerade im Bereich der Regionalität, sei für die Demokratie wesentlich und wichtig, "und daran mitzuwirken ist unsere enorme und große Aufgabe", sagt Guido Wolf (CDU). "Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass wir weiterhin eine vielfältige Medienlandschaft haben, lassen Sie uns dafür sorgen, dass Big Tech in seine Schranken gewiesen wird, und lassen Sie uns dafür sorgen, dass wir weiterhin eine stabile und tolle Demokratie haben", appelliert Jonas Weber (SPD). Vom "epochalen Umbruch in der Mediennutzung" und "dramatischen Veränderungen im Konsum der Medien", spricht Nico Weinmann (FDP).
Nicht nur der Plenarsaal war spärlich besetzt. Die, die sich angesprochen fühlen sollten, waren ebenfalls so gut wie nicht vorhanden und dementsprechend die Pressetribüne nahezu leer. Vorbei die Jahrzehnte, in denen die Stuttgarter Korrespondent:innen der größeren Zeitungen fest zugewiesene Plätze hatten, um Ärger und Gedränge auf der Empore zu vermeiden. Gähnende Leere herrscht nicht immer – schon gar nicht, wenn unter den Koalitionspartnern konfliktträchtige Themen debattiert werden –, aber immer öfter. Und die neue Marktbereinigung rund um den Verkauf der "Stuttgarter Nachrichten" und der "Stuttgarter Zeitung" wird diese Entwicklung noch beschleunigen.
Wahrscheinlich genehmigt das Kartellamt das Kartell
Außer das Bundeskartellamt haut doch mal die Bremse rein. Dort trägt seit 28. Mai "der Anteils- und Kontrollerwerb über die Medienholding Süd GmbH" durch die Neue Pressegesellschaft mbH & Co. KG, Ulm, das Aktenzeichen B6-40/25 im Produktbereich "Anzeigenblätter, Hörfunkprogramme, Tageszeitungen". Die zuständige "Beschlussabteilung 6" hat eine erheblich Bandbreite von Bereichen zu überblicken, ist zuständig für "Medien, Internetwirtschaft, Werbewirtschaft, Presse, Kultur, Sport, Unterhaltung, Außenwerbung, Messen und Glücksspielwesen".
Zwei Mal dagegen untersagte die Behörde die Übernahme der "Ostthüringer Zeitung": im Jahr 2000 durch die WAZ und 2021 durch die daraus hervorgegangene Funke-Mediengruppe. Die holte sich dann René Benkos Signa Medien GmbH (trotz des Namens eine Immobilienfirma) ins Boot, und dieser Erwerb wurde durchgewinkt. Per Pressemitteilung erläuterte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, dass eine Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen anders als bei der Übernahme durch Funke nicht zu erwarten sei, weil Signa auf den "relevanten Pressemärkten in Thüringen selbst bislang nicht aktiv ist". Nach der Signa-Pleite gibt es andere Probleme, die aber sind kartellrechtlich nicht relevant.
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Stefan Weidle
vor 20 Stunden