Der König von Württemberg lässt 1811 in Oberndorf eine Gewehrfabrik errichten. Der Neckar bringt Wasserkraft, der Schwarzwald Holz und Erz. Hier lernen die Brüder Wilhelm und Paul Mauser den Beruf des Büchsenmachers. Sie entwickeln eine damals revolutionäre Waffe: einen Hinterlader mit Schlagbolzen und Messingpatrone. 1871 führt das preußische Kriegsministerium diese Waffe als Standardgewehr ein. Drei Jahre später übernimmt Mauser die königliche Waffenfabrik; von Amerika bis Asien wird Mauser zum Synonym für Gewehr.
Dem M 71 (Mauser-Gewehr 1871) folgt das deutlich verbesserte M 88 und schließlich das legendäre M 98 – für Liebhaber "eine Waffe von zeitloser Schönheit". Kein Wunder, dass der so gelobte Oldtimer noch heute vom Wachbatallion der Bundeswehr verwendet wird. Mehr als 100 Millionen Mauser-Gewehre werden in alle Welt verkauft. Für die Abnahmekommissionen von ausländischen Großkunden errichtet die Firma in Oberndorf eigene Bauten; so gibt es den Türkenbau und den Schwedenbau – heute ist dort das Waffenmuseum untergebracht.
Der Export bleibt über viele Jahre das tragende Geschäft bei Mauser. Ein Großauftrag des späteren Kriegsgegners Serbien bewahrt das Unternehmen – und damit Oberndorf – vor dem Ruin.
Mit der Pulverfabrik in Rottweil, der Metallpatronenfabrik Lorenz in Karlsruhe und der Gewehrfabrik Mauser entsteht bereits im späten 19. Jahrhundert ein mächtiger südwestdeutscher Rüstungsverbund – das Sagen haben freilich nicht mehr die Gründer und Tüftler, sondern die Banken.
Auch personell ist die Kriegsindustrie eng verflochten. Ein Beispiel: Paul von Gontard, Generaldirektor der Waffen- und Munitionsfabrik in Berlin, amtiert zugleich als Aufsichtsratsvorsitzender bei Mauser und bei Daimler. Sein Bruder – welch glückliche Fügung – dient dem Kaiser als Generaladjutant.
Da man allgemein mit einem kurzen Krieg rechnet, reihen sich auch im Rüstungssektor anfangs Pleiten, Pech und Pannen:
Zunächst werden bei Mauser, wie in anderen kriegswichtigen Betrieben, auch Fachkräfte zum Dienst an der Front eingezogen. Schon bald sinkt die Produktion wegen des Mangels an Arbeitskräften. Also holt man die Facharbeiter wieder zurück und schickt dafür andere, aus nicht kriegswichtigen Branchen – etwa der Schramberger Uhrenindustrie – in den Krieg.
So gibt es im Frühjahr 1915 allein in Württemberg 15 000 "Zurückgestellte" neben Mauser vor allem bei Daimler und den Flugzeugbauern in Friedrichshafen.
Freilich wird das Instrument der "uk"-Stellung (unabkömmlich) von den Betrieben auch zur Disziplinierung politisch unbotmäßiger Arbeiter benutzt; Klappe halten oder ab an die Front!
Da ist es doch besser, sechs Tage in der Woche 12 bis 13 Stunden täglich zu arbeiten.
Rüstungsarbeiter bekommen höhere Löhne und mehr Lebensmittel
Die Gewerkschaften können für die wichtigen Rüstungsarbeiter häufig Löhne durchsetzen, die in den Jahrzehnten danach nicht mehr bezahlt werden. Auch die Lebensmittelversorgung der Metallarbeiter ist meist besser als die einfacher Angestellter und Beamter.
Diese Vorteile aufseiten der Arbeiter sind allerdings marginal gegen die gigantischen Möglichkeiten ihrer Chefs. Trotz nach außen getragener "patriotischer Gesinnung" bereichern sich die Industriellen geradezu schamlos. Die Gewinnausschüttungen explodieren im Krieg; bei Mauser von fünf auf satte 20 Prozent.
13 Kommentare verfügbar
Emil
am 23.06.2014vergessen.